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Söldner-Prozess: 4. Verhandlungstag | Die Urteilsverkündungen

Heute sollte der letzte Zeuge gehört werden, der Dolmetscher, der bei den Vertragsverhandlungen zwischen Asgaard und dem somalischen Politiker Galadid Abdinur Ahmad Darman übersetzte. Da dieser jedoch nicht auffindbar ist, konnte keine Ladung erfolgen. Obwohl die Staatsanwältin darauf beharrte, den Dolmetscher als Zeugen zu hören, um nachweisen zu können, dass den Beschuldigten der Vertragsinhalt und der Vertragswille eindeutig klar gewesen sein muss, wird ihr Beweisantrag vom Gericht abgelehnt, weil darin kein Beweis genannt werde, der durch dieses Verfahren hätte beigebracht werden können. Das Gericht ist nicht der Überzeugung, dass der Zeuge die Einlassung der Beschuldigten verändern könnte.

Söldner-Prozess: 4. Verhandlungstag | Die Urteilsverkündungen

Da der Vermittler nicht persönlich gehört werden kann, sind alle Parteien damit einverstanden, dass seine Aussage, die er am 6. Oktober 2011 bei der Polizei getätigt hat, vorgelesen wird. Darin verweist er darauf, dass er nur ein Vermittler zwischen der Firma Asgaard und dem Somalier gewesen sei, ihm allerdings auch eine Provisionszahlung versprochen worden sei.

Hiernach wird die Beweisaufnahme geschlossen. Der Vollständigkeit halber liest die Richterin nun noch die Eintragungen aus dem Bundeszentralregister beider Beschuldigter vor. Wohingegen bei Dirk G. keine Eintragung vorliegt, ist bei Thomas K. neben dem Vorwurf der Veruntreuung (Geldentnahme aus der Kasse des Reservistenverbandes) ein weiteres Vergehen vor kundig. Hierbei handelt sich es sich um Veruntreuung von Arbeitsentgelt in 20 Fällen. Das Urteil lautete damals 90 Tagessätze zu 30 Euro. Diese Strafe wurde von Thomas K. komplett abgegolten, wobei die letzte Einzahlung am 7. Oktober 2017 erfolgte.

Versäumnisse von Firmeninhaber und Gesetzgeber?

Bei Thomas K. zeigt sich deutlich ein kriminelles Muster: Zwei Fälle von Veruntreuung sowie ein Verstoß gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz. Das wirft die dringliche Frage auf, auf welcher Grundlage und angelehnt an welche Maßstäbe die Gesellschafter der Firma Asgaard Thomas K. als Geschäftsführer ihres Unternehmens ausgewählt haben?

Und müsste der Gesetzgeber nicht auch strenge Zulassungsvoraussetzungen für die Position eines Geschäftsführers einer Sicherheitsfirma aufstellen bzw. bestehende Zulassungsvoraussetzungen verschärfen?

Die Plädoyers

Die Staatsanwältin beginnt mit der unbestreitbaren Feststellung, dass die Beschuldigten am 31. September 2009 in Frankfurt am Main einen Vertrag mit dem angeblichen somalischen Präsidenten Galadid Abdinur Ahmad Darman über Serviceleistungen im Sicherheitsbereich geschlossen haben, obwohl sie Kenntnis über ein bestehendes EU-Embargo hatten. Sie verliest die genauen Inhalte des Vertrages und weist darauf hin, dass die Ausführungsbestimmungen dieses Embargos enthalten, dass allein die Unterschrift unter einen solchen Vertrag eine schuldhafte Tathandlung sei (Paragraf 18 Außenwirtschaftsgesetz). Als strafmildernd führt die Staatsanwältin an, dass die Beschuldigten nicht vorbestraft sind, die Tat schon lange her sei und, dass beide Beschuldigten mit den Behörden kooperiert haben. Als strafverschärfend wertet die Juristin, dass der Vertrag eine Laufzeit von fünf Jahren aufwies und zudem einen Kampfauftrag enthielt. Weiterhin sei eine Gewinnerwartung vorhanden gewesen. Als Strafmaß fordert sie für Thomas K. eine Freiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung, für Dirk G. eine Freiheitsstrafe von vier Monaten auf Bewährung.

Nun hält die Rechtsvertretung von Thomas K. sein Plädoyer. Der Anwalt zweifelt an, dass das Schriftstück ein Vertrag ist, weil es keinen Vertretungsberechtigten für die Republik Somalia als Vertragspartner gegeben habe. Ein Vertrag ist also niemals zustande gekommen und objektive Tatbestände sind ausgeschlossen. Als Schluss aus diesem Sachverhalt müsse sein Mandant freigesprochen werden.

Der Rechtsanwalt von Dirk G. stellt in seinem Plädoyer die Frage nach der Wirksamkeit des Vertrages und die Einlassung seines Mandanten heraus. Auch er beantragt Freispruch für Dirk G.

Im Rahmen ihrer letzten Worte schließen sich Thomas K. und Dirk G. den Ausführungen ihrer Anwälte an.

Die Urteilsverkündigungen

Die Richterin verurteilt Thomas K. wegen Untreue (Geldentnahme aus der Kasse des Reservistenverbandes) zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten auf Bewährung (zwei Jahre). Vom Vorwurf des Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz werden beide Angeklagten jedoch freigesprochen.

Das Gericht erläutert in seiner Begründung, dass es letzte Zweifel hat und nicht davon überzeugt sei, dass Thomas K. und Dirk G. dieses Schriftstück schon als Einzelvertrag angesehen haben. Diese Einlassung der Beschuldigten konnte während der Verhandlung nicht widerlegt werden. Als Beweis dafür führt die Richterin an, dass es noch zu keiner leihoperativen Handlung oder zu einer sonstigen anderen Umsetzung aus dem Vertrag gekommen ist. Somit läge keine Schuld der Angeklagten vor, weswegen beide freigesprochen werden müssten.

Eine Zusammenfassung von Verhandlung Urteilsspruch inklusive eines Statements von mir hat die WDR Lokalzeit Münsterland gesendet, hier geht’s zum Beitrag (ab Minute 1:18).


Bildquelle: WDR Lokalzeit Münsterland / Screenshot WDR Lokalzeit Münsterland, Bericht, Stefan Bisanz

Söldner-Prozess: 2. und 3. Verhandlungstag | Tagesschau-Reporter als Zeuge

Zu Beginn des zweiten Verhandlungstages erklärt der Rechtsanwalt des Beschuldigten Dirk G. zunächst, dass er die Veröffentlichungen der Presse stark verurteile, da diese wiederum eine Vorverurteilung seines Mandanten vornimmt.

Danach sagt der Beschuldigte Dirk G. zum Sachverhalt aus. Durch die Richterin befragt, wiederholt er im Großen und Ganzen die Schilderung des Angeklagten Thomas K., die dieser am vorangegangenen Verhandlungstag zu Protokoll gegeben hat. Auch er vertritt dabei die Auffassung, dass kein Vertrag geschlossen worden ist. Dieser wäre erst dann zustande gekommen, wenn eine Sicherheitsanalyse und eine Machbarkeitsstudie durchgeführt worden wäre. Dies wiederum sei an eine Vorabüberweisung in Höhe von circa 150.000 Euro an die Firma Asgaard gebunden gewesen. Sie, die Geschäftsführer von Asgaard, seien bei den Vertragsverhandlungen jedoch mehr oder weniger gedrängelt worden, diesen Vertrag zu unterschreiben, insbesondere durch die beiden Vermittler, die unbedingt eine Provisionszahlung hätten erzielen wollen.

Söldner-Prozess: 2. und 3. Verhandlungstag | Tagesschau-Reporter als Zeuge

Auch ist Dirk G. wichtig, darauf hinzuweisen, dass er und sein Partner natürlich alle Genehmigungen eingeholt hätten, die für diesen Auftrag notwendig gewesen wären. Er habe den Geschäftsführer Thomas K. daher auch angewiesen, alle Behörden entsprechend zu informieren. Was Thomas K. in dieser Hinsicht dann allerdings genau getan habe, könne er nicht sagen. Seine, Dirk G.s, Aufgabe sei es gewesen, für die operative Umsetzung zu sorgen, jedoch nicht, das Kaufmännische zu bearbeiten.

Bezüglich der Pressemitteilungen, die durch Thomas K. herausgegeben worden sind, erwähnt Dirk G. lapidar „klappern gehört zum Geschäft“. Auch, dass diese Erklärung auf der Internetseite der Firma Asgaard stand, sei ihm nicht bewusst gewesen.

Dirk G. stellt sich hier als Soldat und Kamerad dar.

Auf die Frage der Staatsanwälten, warum überhaupt ein Vertrag unterschrieben worden ist, antwortet Dirk G, dass „alle Druck gemacht“ hätten und man daher schwach geworden wäre.

Im Zuschauerraum sitzen drei Herren, sehr elegant gekleidet (wahrscheinlich die neuen Chefs der Firma Asgaard), zu welchen der Angeklagte immer wieder vor Beantwortung der Fragen Augenkontakt aufnimmt. Der in der Mitte sitzende, ältere Mann nickt Dirk G. dann entweder zu oder schüttelt den Kopf, je nach Antwort.

Die Staatsanwältin zweifelt die Aussagen von Dirk G. an, weil der Vertrag mehr enthalte als nur die Erstellung einer Sicherheitsanalyse.

Interview mit der Tagesschau

Am Nachmittag wird der Zeuge Alexander D. aus Hamburg gehört. Er ist Journalist bei der Tagesschau und hat ein Interview mit Thomas K. geführt. Er berichtet von einem Interview, welches er im April 2010 geführt hat. Er teilt dazu eindeutig mit, dass er den Eindruck hatte, Asgaard wolle Vertragsbestandteile erfüllen, zu denen u.a. Personenschutzmaßnahmen gehörten. Man hätte schon an der Rekrutierung von entsprechendem Personal gearbeitet, deutsche Ex-Soldaten mit mindestens vier Jahren Erfahrung und einem Alter zwischen 25-45 Jahren. Thomas K. sagte ihm, Alexander D., auch, dass diese Kräfte in der Hoffnung eingesetzt würden, auch militärische Aktionen durchführen zu können. Der Vertrag hätte eine Gültigkeitsdauer von fünf Jahren aufgewiesen und einen Wert von mehreren Millionen Euro umfasst. Die Zahl der Einsatzkräfte hätte eine deutlich dreistellige Zahl sein sollen. Thomas K. sagte dem Journalisten wörtlich, „die Kräfte säßen auf gepackten Koffern“. Für Thomas K. war sein Vertragspartner Galadid Abdinur Ahmad Darman der legitime Präsident.

Auf der Anklagebank herrschte betretenes Schweigen bei Thomas K. und Dirk G.

Der Zeuge Alexander D. stellt nochmals fest, dass er den Eindruck hatte, dass Thomas K. die Legitimierung Galadid Abdinur Ahmad Darmans als Präsident Somalias abwarten würde.

Die Staatsanwältin will nun erfahren, ob in dem Interview eine Sicherheitsanalyse oder eine Machbarkeitsstudie besprochen wurde, was der Zeuge verneint.

Der Anwalt von Dirk G. moniert, dass im Zuge des Interviews des NDR nicht richtig recherchiert worden sei, dieses sei nur ein PR-Gag gewesen. Thomas K. ergänzt, dass er Unterlagen seiner Firma an unterschiedliche Ministerien und auch an den Bundesnachrichtendienst gefaxt habe. Den Vertrag allerdings habe er nicht gefaxt, woraufhin die Staatsanwältin und die Richterin nachfragen, was der Grund für diese Unterlassung gewesen sei. Thomas K. antwortet lediglich „Warum sollte ich?“ und erntet dafür Unverständnis.

Dritter Verhandlungstag

Am dritten Verhandlungstag werden zwei Beamte vom Zoll gehört. Sie können keine wesentlichen Neuheiten zum Sachverhalt beitragen. Insbesondere bleibt die Frage ungeklärt, wie konkret die Planungen der Beschuldigten zur Durchführung ihrer Vertragsinhalte waren. Für die Anwälte der Beschuldigten ist damit der Sachverhalt hinreichend geklärt und sie teilen mit, dass sie keine neuen Beweisanträge stellen werden, auch weitere Zeugen müssten nicht gehört werden. Die Staatsanwältin sieht das naturgemäß anders und möchte den Vermittler des Vertrages als Zeugen hören sowie den Dolmetscher, der die Vertragsverhandlungen zwischen Galadid Abdinur Ahmad Darman und den Beschuldigten übersetzt hat. Dieser soll bezeugen, ob der Vertrag wirklich zustande kommen sollte. Da dieser Zeuge jedoch bisher nur über seine Ehefrau erreicht werden konnte, wird der Verhandlungstag schon früh beendet und auf den 10. Oktober vertagt.


Bildquelle: I-vista / pixelio.de

Söldner-Prozess: 1. Verhandlungstag | Ein nervöser Angeklagter

Am 21. September 2017 um 11:00 Uhr eröffnet die Richterin Kampelmann am Amtsgericht Münster den Prozess gegen Thomas K., geboren 1969 in Münster, und Dirk G., geboren 1970 in Herne. Ihnen als verantwortliche Geschäftsführer und Gesellschafter der Firma Asgaard Security Group 2009 wird vorgeworfen, dem somalischen Oppositionspolitiker Galadid Abdinur Ahmad Darman die Bereitstellung von 150 Sicherheitskämpfern angeboten zu haben, um, wie es heißt, „Sicherheit und Frieden“ in das Land zu bringen. Thomas K. wird weiterhin vorgeworfen, dass er gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz verstoßen hat, weil er in seiner Funktion als Kreisvorstand der Reservistenkameradschaft in seinem Keller 4.000 Schuss Munition (Übungsmunition) und zwei Leuchtkörper Boden (Pyrotechnik) gelagert hat.

Die Staatsanwältin verliest die Anklage sowie einige Auszüge aus dem Vertrag mit dem somalischen Politiker. Im Vertrag wurde in Paragraf 1 eine Vertragsdauer von fünf Jahren festgelegt. In Paragraf 2 wurden die Aufgaben beschrieben, die unter anderem Dienstleistungen im Bereich der Piraterie, Schutz und Küstenschutz, aber auch Beratung und Strategiearbeiten sowie Schulungen der heimischen Sicherheitsbehörden beinhalteten. In Paragraf 4 wurde geregelt, dass für alle 150 Kämpfer Arbeitsgenehmigungen oder Visa bzw. eventuell Aufenthaltsbescheinigung vorbereitet werden. Weiterhin wurde durch den Vertrag zugesagt, dass öffentliche Waffenscheine ausgestellt würden sowie Ein- und Ausfuhrgenehmigungen von Waffen vorhanden sein sollten. In Paragraf 6 ging es um Zahlungen.

Söldner-Prozess: 1. Verhandlungstag | Ein nervöser Angeklagter

Für das Team sollten insgesamt vier Millionen Euro überwiesen werden, 100.000 Euro unmittelbar nach Unterzeichnung des Vertrags. Als Vertragsbeginn wurde der 31.10.2009 festgelegt. Eine Genehmigung vom Wirtschaftsministerium wurde jedoch nicht eingeholt.

Thomas K. gegenüber wurde noch ein weiterer Vorwurf eingebracht: Er war Kassierer in einem Reservistenverband und hat in dieser Funktion vom 27.6.2013 bis zum 6.7.2014 über 8.000 Euro veruntreut. Dieses Geld brauchte er, nach eigener Einlassung, um seinen Handwerksbetrieb finanzieren können, da einige Kunden nicht bezahlt hätten. Zusätzlich wurden die Angeklagten durch das Gericht aufgeklärt, dass der Paragraf 34 AWG seit 2017 neu geregelt ist und nun das Strafmaß abmildert geworden ist.

Die Verteidiger beklagen zwischendrin, dass sich die Verfahrensdauer so lange hingezogen hat, die Ermittlungen liefen bereits seit 2010, daher sollte das Verfahren eingestellt werden.

Zum Vorwurf des Verstoßes gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz erklärt Thomas K., dass es sich nur um Platzpatronen gehandelt habe, die er bei einer dienstlichen Veranstaltung der Bundeswehr nicht verschossen hat und somit mit nach Hause nehmen und in seinem Keller lagern musste. Die Untreue als Kassierer räumte Thomas K. ein, teilt aber zugleich mit, dass es einen Vergleich gibt, wonach er 50 Monate lang jeweils 50 Euro abbezahlt.

Schon nach einer Stunde Verfahrenszeit wird deutlich, dass der Angeklagte Thomas K. die Schuld immer bei den anderen verortet. Die Munition hatte er wohl nur deshalb, weil die Bundeswehr sich darum nicht gekümmert hat. Auch hinsichtlich der Untreue – dem Griff in die Kasse – haben andere Personen Schuld, weil keiner eine ordentliche Kontrolle durchgeführt habe. Auch seine Kunden, die seine Dienstleistung als Maler in Anspruch genommen haben, trügen Schuld, weil sie nicht bezahlt hätten. Die Staatsanwältin hält dem fragend entgegen, warum er erst jetzt, unmittelbar nach Bekanntwerden seiner Untreue, mit der Rückzahlung beginnt. Daraufhin teilt der Angeklagte lapidar mit, dass ihm nicht bekannt gewesen sei, wohin er hätte überweisen sollen. – Wieder einmal sind die anderen schuld.

Befragung des ersten Zeugen

Dann kommt der erste Zeuge, Oberstleutnant Thomas E., der sich mit Munition bei der Bundeswehr auskennt. Er teilt eindeutig mit, dass auch diese Manöver- und Übungsmunition als echte Munition einzustufen ist, da sie vier Gramm Pulver enthält. Ebenso sind die Leuchtkörper Boden als Munition anzunehmen und sie dürfen auf gar keinen Fall zu Hause gelagert werden. Die Einlassung des Angeklagten, dass die Bundeswehr ihm dieses erlaubt hätte, kann der Zeuge definitiv nicht bestätigen.

Die Richterin befragt den Angeklagten nun immer intensiver nach den Vertragsinhalten mit dem somalischen Oppositionellen. Der Angeklagte weist mehrfach darauf hin, dass das Einverständnis des Vertrages nicht zustande gekommen ist, da der Politiker nie als Präsident von Somalia bestätigt worden ist. Der Angeklagte ist der Ansicht, dass erst nach dieser Bestätigung die Paragrafen Wirkung erlangen.

Thomas K. ist sehr nervös. Er antwortet ausweichend und spielt mit dem Kugelschreiber auf dem Tisch. Wiederholt fragte die Richterin, was denn die Absicht des Vertrages gewesen sei.  Hierauf antwortet Thomas K. nur, dass alles hätte möglich sein können. Was er vor Ort allerdings exakt machen sollte, wusste er nicht. Dazu hätte es zuerst einer Sicherheits- und Gefährdungsanalyse sowie eine Machbarkeitsstudie bedurft, die er durchführen wollte. Erst danach hätte sich die Firma Asgaard entschieden, was zu tun ist. Was eklatant auffällig ist: Der Angeklagte verwechselt immer wieder die Bedeutung von Gefährdungsanalyse, Sicherheitskonzeption und Machbarkeitsanalyse. Dies liegt vielleicht daran, dass er in keinster Art und Weise eine Art von Sicherheitsausbildung oder -studium vorweisen kann.

Schlagabtausch zwischen Richterin und Angeklagtem

Selbst als die Vorsitzende Richterin dem Angeklagten eine Presseerklärung der Firma Asgaard aus dem Dezember 2009 vorliest, in der eindeutige Absichten der Firma genannt werden, redet sich Thomas K. raus und gibt an, dass er mit einer Referentin des damaligen Kanzleramtsministers Ronald Pofalla gesprochen hat. Sie wäre vollumfänglich eingewiesen gewesen und hätte ihm mitgeteilt, dass er alles korrekt durchgeführt hat. Auch dem Wirtschaftsminister sowie dem Verteidigungsminister habe er entsprechende Briefe und Faxe geschrieben, weswegen diese für ihn offiziell informiert gewesen seien. Beim damaligen Verteidigungsminister Jung wollte er einen persönlichen Termin erwirken,  um diesem sein Unternehmen als Dienstleister im Ausland für Deutschland vorstellen zu können. Auch, dass er einen Provisionsvertrag mit zwei Vermittlern unterschrieben hat, der beinhaltete, das diese bei Vertragsunterzeichnung eine Provision von 400.000 Euro erhalten würden, ist für den Angeklagten Thomas K. kein Indiz gewesen dafür, dass er tatsächlich einen Vertrag unterschrieben habe.

Die Richterin wirft ihm weiter vor, dass Thomas K. auch Vertragsentwürfe für Mitarbeiter gefertigt und auch schon entsprechende Bewerbungsgespräche mit konkreten Lohnzahlung durchgeführt hat. Auch dies tut Thomas K. nur als Vorbereitung für den Einsatz ab.  Dann wird dem Angeklagten ein Schreiben des damaligen somalischen Oppositionspolitikers vom 21. Januar 2010 vorgehalten, in dem dieser die beiden Angeklagten Thomas K. und Dirk G. als seine Security benannt hatte. Diesen Umstand kann sich Thomas K. nicht erklären.

Auf die nun folgende Frage der Richterin, ob er denn seinen Aufgabenbereich als Geschäftsführer detaillierter erklären könnte, führt er aus, dass er nur die Firma präsentieren musste, Verträge abgeschlossen hat und den Kontakt zu Behörden halten sollte. In diesem Zusammenhang hat er sich über Somalia und ein entsprechendes Embargo aus den Tageszeitungen informiert.

Von der Staatsanwältin wird Thomas K. nun gefragt, wer denn den Vertrag mit dem somalischen Oppositionspolitiker formuliert hätte. Daraufhin entgegnete der Angeklagte, dass er zwar den Laptop mitgebracht hätte, allerdings alle vier Beteiligten den Vertrag formuliert hätten.

Das Gericht argumentiert daraufhin, dass das durchaus eine Vorleistung ist, die zu entsprechenden Dienstleistungen in Somalia hätte führen können.

Die Anwälte drängen nun darauf, das Verfahren einzustellen oder aber mindestens in ein Ordnungswidrigkeitsverfahren umzuwandeln.

Der nächste Verhandlungstag findet am 28. September 2017 statt.


Bild: Amtsgericht Münster | Bildquelle: Stefan Bisanz

Deutsche Söldner vor Gericht

Am 21. September beginnt im Amtsgericht Münster um 11:00 Uhr der Hauptverhandlungstermin im Strafbefehlsverfahren gegen zwei Männer, die sich – zusammengefasst – dem Vorwurf ausgesetzt sehen, Profit mit deutschen Söldnern auf ausländischem Boden gemacht haben zu wollen.

Worum geht es in erster Linie?

2010 wurde bekannt, dass das private militärische Dienstleistungsunternehmen Asgaard German Security Group – damals ansässig in Telgte – rund 100 Personen für einen Einsatz in Somalia anwerbe, darunter ehemalige Bundeswehrsoldaten, um dort den somalischen Politiker Galadid Abdinur Ahmad Darman militärisch zu unterstützen. Dieser wiederum wähnte sich als rechtmäßiger Präsident – ohne von der internationalen Staatengemeinschaft anerkannt gewesen zu sein – und plante die tatsächliche Erringung der Macht in dem ohnehin sehr strapazierten Land.

Söldner-Prozess

Damit hätte Asgaard – wo man durchaus eine Legitimation von Darman als Präsident gesehen hat – gegen den Paragrafen 109h des Strafgesetzbuches verstoßen, wonach deutschen Staatsbürgern der Wehrdienst bei einer ausländischen Macht verboten ist. Erste Beweise konnten bei einer Razzia im Unternehmen im Jahr 2010 gefunden werden, so unter anderem der Vertrag zwischen Asgaard und Darman, sowie umfangreiche Mengen Munition.

Was den Fall damals wie heute weiterhin brisant macht ist die Frage, ob sich das Unternehmen, resp. der nun angeklagte ehemalige Firmenchef und sein Geschäftskollege strafbar gemacht haben, da sie, so die Staatsanwaltschaft, unter anderem gegen das Außenwirtschaftsgesetz verstoßen haben. Danach hätten sie „gemeinschaftlich und vorsätzlich einem im Bundesanzeiger veröffentlichten, unmittelbar geltenden Verkaufsverbot eines Rechtsakts der europäischen Gemeinschaften zuwider gehandelt […], indem sie mit einem Vertreter des Präsidenten der Republik Somalia einen Vertrag über Sicherheitsdienstleistungen [ge]schlossen [haben]“, teilt eine Pressemitteilung des Amtsgerichts Münster mit. Kurz: Das Embargo der Vereinten Nationen gegen Somalia könnte verletzt worden sein.

Die dahinterstehende Frage: Sicherheitspartner oder Söldner?

Die Tagespresse sah nach dem Bekanntwerden des Asgaard-Deals die Grenze zwischen einem Sicherheitsdienstleister und modernem Söldnertum – wieder mal – überschritten. Die Genfer Konvention, Artikel 47 Absatz 2 I. Zusatzprotokoll definiert den Söldner völkerrechtlich. Als Söldner gilt,

  • wer im Inland oder Ausland zu dem besonderen Zweck angeworben ist, in einem bewaffneten Konflikt zu kämpfen,
  • wer tatsächlich unmittelbar an Feindseligkeiten teilnimmt,
  • wer an Feindseligkeiten vor allem aus Streben nach persönlichem Gewinn teilnimmt und wer von oder im Namen einer am Konflikt beteiligten Partei tatsächlich die Zusage einer materiellen Vergütung erhalten hat,
  • wer weder Staatsangehöriger einer am Konflikt beteiligten Partei ist noch in einem von einer am Konflikt beteiligten Partei kontrollierten Gebiet ansässig ist,
  • wer nicht Angehöriger der Streitkräfte einer am Konflikt beteiligten Partei ist und
  • wer nicht von einem nicht am Konflikt beteiligten Staat in amtlichem Auftrag als Angehöriger seiner Streitkräfte entsandt worden ist.

Im Fall Asgaard dürfte nur das Kriterium der Anwerbung zum Kampf strittig sein, denn alle weiteren Kriterien treffen zu. Darunter auch eine Teilnahme an Feindseligkeiten, die sich auch bei Personen- und Konvoischutz nicht hätte verhindern lassen.

Krieger gegen Bezahlung, die aus Deutschland kommen, sind nicht selten in den Krisenregionen weltweit; z.B. auf dem Balkan oder in Afghanistan. Mehrere Tausend Deutsche „arbeiten“ inzwischen als Angestellte deutscher oder internationaler Sicherheitsfirmen. Meist handelt es sich um ehemalige Polizisten und GSG9-Beamte oder aus dem Dienst geschiedene Bundeswehrsoldaten. Als „Objektschützer“ oder „Military Contractor“ für private Firmen ist ihr Aufgabenspektrum häufig dubios und undurchsichtig, aber hervorragend bezahlt, wie Lisa Caspari in ihrem Text „Gekaufte Krieger“ beschreibt, der auf www.zeit.de erschienen ist.

Was im Gerichtsverfahren nun zu klären sein wird, ist die Frage, ob Asgaard sich tatsächlich strafbar gemacht hat oder das Handeln „nur“ moralisch verwerflich ist.

Gerade angesichts derartiger Fragestellungen gilt es, sauber zu differenzieren: Private Sicherheits- und Militärfirmen können nicht per se als Söldner bezeichnet werden, denn nur ein kleiner Teil führt militärische Kampfhandlungen aus. Die überwiegende Mehrheit der Unternehmen fungiert als Sicherheitspartner und beschränkt ihr Angebot auf Logistik, Beratung und Ausbildung, wie auch Robert Seidl in seinem Überblick „Private Sicherheits- und Militärfirmen als Instrumente staatlichen Handelns“ festhält, der in Nummer 51 der „Aktuelle Analysen“ der Hanns-Seidel-Stiftung erschienen ist. Die Branche habe insgesamt eine moderne Unternehmensstruktur und rekrutiere ihre Angestellten professionell. Die Kunden reichen von staatlichen Regierungen über die Vereinten Nationen bis hin zu Nichtregierungs-Organisationen oder Privatunternehmen.

Ob nun das Handeln von Asgaard als strafbar einzustufen ist, werden die kommenden drei Verhandlungstage offenbaren, wobei vielleicht schon am 5.10. mit einem Urteil zu rechnen sein wird.

Die Entwicklung des Verfahrens wird hier im Blog genau verfolgt und analysiert werden.


Bildquelle: © Tim Reckmann / pixelio.de