Deutsche Söldner vor Gericht
Am 21. September beginnt im Amtsgericht Münster um 11:00 Uhr der Hauptverhandlungstermin im Strafbefehlsverfahren gegen zwei Männer, die sich – zusammengefasst – dem Vorwurf ausgesetzt sehen, Profit mit deutschen Söldnern auf ausländischem Boden gemacht haben zu wollen.
Worum geht es in erster Linie?
2010 wurde bekannt, dass das private militärische Dienstleistungsunternehmen Asgaard German Security Group – damals ansässig in Telgte – rund 100 Personen für einen Einsatz in Somalia anwerbe, darunter ehemalige Bundeswehrsoldaten, um dort den somalischen Politiker Galadid Abdinur Ahmad Darman militärisch zu unterstützen. Dieser wiederum wähnte sich als rechtmäßiger Präsident – ohne von der internationalen Staatengemeinschaft anerkannt gewesen zu sein – und plante die tatsächliche Erringung der Macht in dem ohnehin sehr strapazierten Land.
Damit hätte Asgaard – wo man durchaus eine Legitimation von Darman als Präsident gesehen hat – gegen den Paragrafen 109h des Strafgesetzbuches verstoßen, wonach deutschen Staatsbürgern der Wehrdienst bei einer ausländischen Macht verboten ist. Erste Beweise konnten bei einer Razzia im Unternehmen im Jahr 2010 gefunden werden, so unter anderem der Vertrag zwischen Asgaard und Darman, sowie umfangreiche Mengen Munition.
Was den Fall damals wie heute weiterhin brisant macht ist die Frage, ob sich das Unternehmen, resp. der nun angeklagte ehemalige Firmenchef und sein Geschäftskollege strafbar gemacht haben, da sie, so die Staatsanwaltschaft, unter anderem gegen das Außenwirtschaftsgesetz verstoßen haben. Danach hätten sie „gemeinschaftlich und vorsätzlich einem im Bundesanzeiger veröffentlichten, unmittelbar geltenden Verkaufsverbot eines Rechtsakts der europäischen Gemeinschaften zuwider gehandelt […], indem sie mit einem Vertreter des Präsidenten der Republik Somalia einen Vertrag über Sicherheitsdienstleistungen [ge]schlossen [haben]“, teilt eine Pressemitteilung des Amtsgerichts Münster mit. Kurz: Das Embargo der Vereinten Nationen gegen Somalia könnte verletzt worden sein.
Die dahinterstehende Frage: Sicherheitspartner oder Söldner?
Die Tagespresse sah nach dem Bekanntwerden des Asgaard-Deals die Grenze zwischen einem Sicherheitsdienstleister und modernem Söldnertum – wieder mal – überschritten. Die Genfer Konvention, Artikel 47 Absatz 2 I. Zusatzprotokoll definiert den Söldner völkerrechtlich. Als Söldner gilt,
- wer im Inland oder Ausland zu dem besonderen Zweck angeworben ist, in einem bewaffneten Konflikt zu kämpfen,
- wer tatsächlich unmittelbar an Feindseligkeiten teilnimmt,
- wer an Feindseligkeiten vor allem aus Streben nach persönlichem Gewinn teilnimmt und wer von oder im Namen einer am Konflikt beteiligten Partei tatsächlich die Zusage einer materiellen Vergütung erhalten hat,
- wer weder Staatsangehöriger einer am Konflikt beteiligten Partei ist noch in einem von einer am Konflikt beteiligten Partei kontrollierten Gebiet ansässig ist,
- wer nicht Angehöriger der Streitkräfte einer am Konflikt beteiligten Partei ist und
- wer nicht von einem nicht am Konflikt beteiligten Staat in amtlichem Auftrag als Angehöriger seiner Streitkräfte entsandt worden ist.
Im Fall Asgaard dürfte nur das Kriterium der Anwerbung zum Kampf strittig sein, denn alle weiteren Kriterien treffen zu. Darunter auch eine Teilnahme an Feindseligkeiten, die sich auch bei Personen- und Konvoischutz nicht hätte verhindern lassen.
Krieger gegen Bezahlung, die aus Deutschland kommen, sind nicht selten in den Krisenregionen weltweit; z.B. auf dem Balkan oder in Afghanistan. Mehrere Tausend Deutsche „arbeiten“ inzwischen als Angestellte deutscher oder internationaler Sicherheitsfirmen. Meist handelt es sich um ehemalige Polizisten und GSG9-Beamte oder aus dem Dienst geschiedene Bundeswehrsoldaten. Als „Objektschützer“ oder „Military Contractor“ für private Firmen ist ihr Aufgabenspektrum häufig dubios und undurchsichtig, aber hervorragend bezahlt, wie Lisa Caspari in ihrem Text „Gekaufte Krieger“ beschreibt, der auf www.zeit.de erschienen ist.
Was im Gerichtsverfahren nun zu klären sein wird, ist die Frage, ob Asgaard sich tatsächlich strafbar gemacht hat oder das Handeln „nur“ moralisch verwerflich ist.
Gerade angesichts derartiger Fragestellungen gilt es, sauber zu differenzieren: Private Sicherheits- und Militärfirmen können nicht per se als Söldner bezeichnet werden, denn nur ein kleiner Teil führt militärische Kampfhandlungen aus. Die überwiegende Mehrheit der Unternehmen fungiert als Sicherheitspartner und beschränkt ihr Angebot auf Logistik, Beratung und Ausbildung, wie auch Robert Seidl in seinem Überblick „Private Sicherheits- und Militärfirmen als Instrumente staatlichen Handelns“ festhält, der in Nummer 51 der „Aktuelle Analysen“ der Hanns-Seidel-Stiftung erschienen ist. Die Branche habe insgesamt eine moderne Unternehmensstruktur und rekrutiere ihre Angestellten professionell. Die Kunden reichen von staatlichen Regierungen über die Vereinten Nationen bis hin zu Nichtregierungs-Organisationen oder Privatunternehmen.
Ob nun das Handeln von Asgaard als strafbar einzustufen ist, werden die kommenden drei Verhandlungstage offenbaren, wobei vielleicht schon am 5.10. mit einem Urteil zu rechnen sein wird.
Die Entwicklung des Verfahrens wird hier im Blog genau verfolgt und analysiert werden.
Bildquelle: © Tim Reckmann / pixelio.de
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