Söldner-Prozess: 1. Verhandlungstag | Ein nervöser Angeklagter

Am 21. September 2017 um 11:00 Uhr eröffnet die Richterin Kampelmann am Amtsgericht Münster den Prozess gegen Thomas K., geboren 1969 in Münster, und Dirk G., geboren 1970 in Herne. Ihnen als verantwortliche Geschäftsführer und Gesellschafter der Firma Asgaard Security Group 2009 wird vorgeworfen, dem somalischen Oppositionspolitiker Galadid Abdinur Ahmad Darman die Bereitstellung von 150 Sicherheitskämpfern angeboten zu haben, um, wie es heißt, „Sicherheit und Frieden“ in das Land zu bringen. Thomas K. wird weiterhin vorgeworfen, dass er gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz verstoßen hat, weil er in seiner Funktion als Kreisvorstand der Reservistenkameradschaft in seinem Keller 4.000 Schuss Munition (Übungsmunition) und zwei Leuchtkörper Boden (Pyrotechnik) gelagert hat.

Die Staatsanwältin verliest die Anklage sowie einige Auszüge aus dem Vertrag mit dem somalischen Politiker. Im Vertrag wurde in Paragraf 1 eine Vertragsdauer von fünf Jahren festgelegt. In Paragraf 2 wurden die Aufgaben beschrieben, die unter anderem Dienstleistungen im Bereich der Piraterie, Schutz und Küstenschutz, aber auch Beratung und Strategiearbeiten sowie Schulungen der heimischen Sicherheitsbehörden beinhalteten. In Paragraf 4 wurde geregelt, dass für alle 150 Kämpfer Arbeitsgenehmigungen oder Visa bzw. eventuell Aufenthaltsbescheinigung vorbereitet werden. Weiterhin wurde durch den Vertrag zugesagt, dass öffentliche Waffenscheine ausgestellt würden sowie Ein- und Ausfuhrgenehmigungen von Waffen vorhanden sein sollten. In Paragraf 6 ging es um Zahlungen.

Söldner-Prozess: 1. Verhandlungstag | Ein nervöser Angeklagter

Für das Team sollten insgesamt vier Millionen Euro überwiesen werden, 100.000 Euro unmittelbar nach Unterzeichnung des Vertrags. Als Vertragsbeginn wurde der 31.10.2009 festgelegt. Eine Genehmigung vom Wirtschaftsministerium wurde jedoch nicht eingeholt.

Thomas K. gegenüber wurde noch ein weiterer Vorwurf eingebracht: Er war Kassierer in einem Reservistenverband und hat in dieser Funktion vom 27.6.2013 bis zum 6.7.2014 über 8.000 Euro veruntreut. Dieses Geld brauchte er, nach eigener Einlassung, um seinen Handwerksbetrieb finanzieren können, da einige Kunden nicht bezahlt hätten. Zusätzlich wurden die Angeklagten durch das Gericht aufgeklärt, dass der Paragraf 34 AWG seit 2017 neu geregelt ist und nun das Strafmaß abmildert geworden ist.

Die Verteidiger beklagen zwischendrin, dass sich die Verfahrensdauer so lange hingezogen hat, die Ermittlungen liefen bereits seit 2010, daher sollte das Verfahren eingestellt werden.

Zum Vorwurf des Verstoßes gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz erklärt Thomas K., dass es sich nur um Platzpatronen gehandelt habe, die er bei einer dienstlichen Veranstaltung der Bundeswehr nicht verschossen hat und somit mit nach Hause nehmen und in seinem Keller lagern musste. Die Untreue als Kassierer räumte Thomas K. ein, teilt aber zugleich mit, dass es einen Vergleich gibt, wonach er 50 Monate lang jeweils 50 Euro abbezahlt.

Schon nach einer Stunde Verfahrenszeit wird deutlich, dass der Angeklagte Thomas K. die Schuld immer bei den anderen verortet. Die Munition hatte er wohl nur deshalb, weil die Bundeswehr sich darum nicht gekümmert hat. Auch hinsichtlich der Untreue – dem Griff in die Kasse – haben andere Personen Schuld, weil keiner eine ordentliche Kontrolle durchgeführt habe. Auch seine Kunden, die seine Dienstleistung als Maler in Anspruch genommen haben, trügen Schuld, weil sie nicht bezahlt hätten. Die Staatsanwältin hält dem fragend entgegen, warum er erst jetzt, unmittelbar nach Bekanntwerden seiner Untreue, mit der Rückzahlung beginnt. Daraufhin teilt der Angeklagte lapidar mit, dass ihm nicht bekannt gewesen sei, wohin er hätte überweisen sollen. – Wieder einmal sind die anderen schuld.

Befragung des ersten Zeugen

Dann kommt der erste Zeuge, Oberstleutnant Thomas E., der sich mit Munition bei der Bundeswehr auskennt. Er teilt eindeutig mit, dass auch diese Manöver- und Übungsmunition als echte Munition einzustufen ist, da sie vier Gramm Pulver enthält. Ebenso sind die Leuchtkörper Boden als Munition anzunehmen und sie dürfen auf gar keinen Fall zu Hause gelagert werden. Die Einlassung des Angeklagten, dass die Bundeswehr ihm dieses erlaubt hätte, kann der Zeuge definitiv nicht bestätigen.

Die Richterin befragt den Angeklagten nun immer intensiver nach den Vertragsinhalten mit dem somalischen Oppositionellen. Der Angeklagte weist mehrfach darauf hin, dass das Einverständnis des Vertrages nicht zustande gekommen ist, da der Politiker nie als Präsident von Somalia bestätigt worden ist. Der Angeklagte ist der Ansicht, dass erst nach dieser Bestätigung die Paragrafen Wirkung erlangen.

Thomas K. ist sehr nervös. Er antwortet ausweichend und spielt mit dem Kugelschreiber auf dem Tisch. Wiederholt fragte die Richterin, was denn die Absicht des Vertrages gewesen sei.  Hierauf antwortet Thomas K. nur, dass alles hätte möglich sein können. Was er vor Ort allerdings exakt machen sollte, wusste er nicht. Dazu hätte es zuerst einer Sicherheits- und Gefährdungsanalyse sowie eine Machbarkeitsstudie bedurft, die er durchführen wollte. Erst danach hätte sich die Firma Asgaard entschieden, was zu tun ist. Was eklatant auffällig ist: Der Angeklagte verwechselt immer wieder die Bedeutung von Gefährdungsanalyse, Sicherheitskonzeption und Machbarkeitsanalyse. Dies liegt vielleicht daran, dass er in keinster Art und Weise eine Art von Sicherheitsausbildung oder -studium vorweisen kann.

Schlagabtausch zwischen Richterin und Angeklagtem

Selbst als die Vorsitzende Richterin dem Angeklagten eine Presseerklärung der Firma Asgaard aus dem Dezember 2009 vorliest, in der eindeutige Absichten der Firma genannt werden, redet sich Thomas K. raus und gibt an, dass er mit einer Referentin des damaligen Kanzleramtsministers Ronald Pofalla gesprochen hat. Sie wäre vollumfänglich eingewiesen gewesen und hätte ihm mitgeteilt, dass er alles korrekt durchgeführt hat. Auch dem Wirtschaftsminister sowie dem Verteidigungsminister habe er entsprechende Briefe und Faxe geschrieben, weswegen diese für ihn offiziell informiert gewesen seien. Beim damaligen Verteidigungsminister Jung wollte er einen persönlichen Termin erwirken,  um diesem sein Unternehmen als Dienstleister im Ausland für Deutschland vorstellen zu können. Auch, dass er einen Provisionsvertrag mit zwei Vermittlern unterschrieben hat, der beinhaltete, das diese bei Vertragsunterzeichnung eine Provision von 400.000 Euro erhalten würden, ist für den Angeklagten Thomas K. kein Indiz gewesen dafür, dass er tatsächlich einen Vertrag unterschrieben habe.

Die Richterin wirft ihm weiter vor, dass Thomas K. auch Vertragsentwürfe für Mitarbeiter gefertigt und auch schon entsprechende Bewerbungsgespräche mit konkreten Lohnzahlung durchgeführt hat. Auch dies tut Thomas K. nur als Vorbereitung für den Einsatz ab.  Dann wird dem Angeklagten ein Schreiben des damaligen somalischen Oppositionspolitikers vom 21. Januar 2010 vorgehalten, in dem dieser die beiden Angeklagten Thomas K. und Dirk G. als seine Security benannt hatte. Diesen Umstand kann sich Thomas K. nicht erklären.

Auf die nun folgende Frage der Richterin, ob er denn seinen Aufgabenbereich als Geschäftsführer detaillierter erklären könnte, führt er aus, dass er nur die Firma präsentieren musste, Verträge abgeschlossen hat und den Kontakt zu Behörden halten sollte. In diesem Zusammenhang hat er sich über Somalia und ein entsprechendes Embargo aus den Tageszeitungen informiert.

Von der Staatsanwältin wird Thomas K. nun gefragt, wer denn den Vertrag mit dem somalischen Oppositionspolitiker formuliert hätte. Daraufhin entgegnete der Angeklagte, dass er zwar den Laptop mitgebracht hätte, allerdings alle vier Beteiligten den Vertrag formuliert hätten.

Das Gericht argumentiert daraufhin, dass das durchaus eine Vorleistung ist, die zu entsprechenden Dienstleistungen in Somalia hätte führen können.

Die Anwälte drängen nun darauf, das Verfahren einzustellen oder aber mindestens in ein Ordnungswidrigkeitsverfahren umzuwandeln.

Der nächste Verhandlungstag findet am 28. September 2017 statt.


Bild: Amtsgericht Münster | Bildquelle: Stefan Bisanz

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