Alle Artikel in Kategorie: BVB-Anschlag

BVB-Attentat: Fünfter Verhandlungstag | Aussage des BVB-Profis Marc Bartra

Am heutigen 29. Januar 2018 ist das Interesse der Öffentlichkeit besonders groß, 40 Journalisten und 20 Zuschauer befinden sich im Saal. Grund dafür sind die angekündigten Aussagen der BVB-Spieler Marc Bartra und Pierre-Emerick Aubameyang.

Befragung von Marc Bartra

Zunächst wird Marc Bartra befragt, der von seinem Anwalt und einer Dolmetscherin begleitet wird. Sein Rechtsanwalt erklärt jedoch vorab, dass sein Mandant ursprünglich nicht zum Prozess erscheinen wollte, als er erfuhr, dass auch der Täter anwesend sein sollte.

Weil dies für ihn ein echter Schock gewesen sei und der Prozess eine hohe psychische Belastung darstelle, bittet der Rechtsanwalt, ob man auf eine Befragung des Spieles verzichten und er eine schriftliche Erklärung abgeben könne. Der Verlesung stimmen alle Parteien zu, Fragen wird der Fußballprofi später dennoch beantworten.

BVB-Attentat: Fünfter Verhandlungstag | Aussage des BVB-Profis Marc Bartra

In der nun folgenden schriftlichen Erklärung wird die Situation im Bus beim Anschlag geschildert. Es herrschte Todesangst Panik und Geschrei. Die Spieler warfen sich auf den Fußboden.

Seit dem Anschlag habe Marc Bartra Schlafprobleme und Konzentrations-schwierigkeiten. Erst habe er vier Wochen nicht trainiert und sei für sieben bis acht Spiele ausgefallen. Der Tag des Anschlages sei der schlimmste Tag in seinem Leben, er leide noch heute und habe Albträume – der Anschlag habe sein Leben verändert, denn bleibende Schäden sind bis jetzt noch vorhanden. So kann er den rechten Arm nicht ganz strecken.

Während der Verlesung sitzt der Angeklagte ruhig auf seinem Stuhl, hat allerdings die Augen ständig geschlossen.

Nun übernimmt die Staatsanwaltschaft und erkundigt sich, ob der Anschlag immer noch Gespräch in der Mannschaft sei, was der Zeuge bejaht.

Die Mannschaft habe etliche Monate gebraucht, um das Geschehene zu verkraften.

Späterhin fragt der Verteidiger Marc Bartra, ob er denn wüsste, aus welchem Glas die Fensterscheiben im Bus seien. Dieser sagt, er sei Fußballer und müsse nicht wissen, welches Glas im Bus verbaut sei.

Hiernach greift der Angeklagte zum Mikrofon und entschuldigt sich persönlich bei Marc Bartra, während dieser in die entgegengesetzte Richtung und die Entschuldigung nicht hören will. Damit endet seine Vernehmung nach einer halben Stunde.

Befragung des Unfallchirurgen

Der Spieler Pierre-Emerick Aubameyang fehlt heute, entschuldigt durch ein ärztliches Attest.

Als nächster Zeuge wird Unfallchirurg Dr. Ralf S. gehört, der Marc Bartra operiert hat. Er bestätigt, dass die Wunde durch einen Gegenstand verursacht worden ist.

Wohingegen die Verteidigung wissen möchte, ob der Handbruch nicht auch durch den Sturz auf den Bus-Fußboden hätte verursacht werden können – und das wird durch den Unfallarzt klar verneint – erkundigt sich die Staatsanwaltschaft, ob die Verletzung auch hätte tödlich sein können, wenn ein Metallstift beispielsweise den Kopf getroffen hätte. Dies wird klar bejaht.

Nach einer Verhandlungspause gibt der Verteidiger Carl H. eine Erklärung gemäß Paragraf 275 Strafprozessordnung ab, und beschuldigt darin den Zeugen und BKA-Beamten Timo S., eine Falschaussage getätigt zu haben. Er habe seinen Kontakt zur Staatsanwaltschaft nicht vollständig angegeben.

Abschließend wird ein weiterer BKA-Beamter befragt, Ronald S. Inhaltlich geht es um die Beschaffung und Zusammensetzung der Sprengvorrichtungen. Es wird genau beschrieben, an welchen Tagen welche Teile zu welchen Preisen – zum Beispiel Antennenschaltstufen, Basisempfangsmodule, Schimmelentferner und Metallgliederketten – gekauft worden sind.


Bildmotiv: Stellplatz des BVB-Bus und Tatort | Urheber des Bildes: Stefan Bisanz

BVB-Attentat: Vierter Verhandlungstag

Der vierte Verhandlungstag am 25. Januar beginnt 10:15 Uhr in Anwesenheit von zwei Journalisten und vier Zuschauern.

Der Rechtsanwalt von Sergej W. gibt zunächst bekannt, dass sein Mandant sich erst nach der Karnevalswoche zum Sachverhalt äußern wird. Des Weiteren verzichtet er auf eine Beweiserhebung im Zusammenhang mit der Urheberschaft und der Beschaffung der Dinge, die in der Nähe des Hotels verbrannt worden sind, was die weiteren Ermittlungen erleichtert.

Dann kommt wieder BKA-Ermittler Timo S. zur Vernehmung und wird vom Verteidiger des Angeklagten zu seinem Abschlussbericht als Verfahrensführer befragt, wobei sich der Anwalt bald in Detailfragen verliert.

Der Angeklagte sitzt nahezu unbeweglich auf seinem Stuhl und starrt gelangweilt auf die Tischplatte vor sich. Dies scheint ansteckend zu sein: einer der Justizbeamten nickt immer wieder ein.

BVB-Attentat: Vierter Verhandlungstag

Der Verteidiger hält dem BKA-Beamten unter anderem vor, dass es zu Indiskretionen durch das BKA gekommen sei und Informationen aus den Akten an die Presse gegeben worden seien. Anschließend geht er den Abschlussbericht Wort für Wort durch, mitunter unter Verdrehung des Sachverhalts, wenig zielführender Fragestellung und irreführenden Fragen. Der Oberstaatsanwalt versucht das immer wieder – teils auch harsch –, zu unterbinden, mahnt und auch der Richter muss einhaken.

Auch wenn der Richter spricht, unterbricht ihn der Rechtsanwalt des Angeklagten immer wieder. Dieser hingegen lässt das alles völlig stoisch über sich ergehen.

Später in der Verhandlung – in der der Verteidiger seine Befragung auf die bekannt hinderliche Weise fortführt – moniert er unter anderem, dass eine laut den Akten vorgesehene Versuchssprengung, die der Explosion des Attentats gleichen sollte, nicht durchgeführt worden ist.

Dann wird thematisiert, dass der Täter auch das Trainingszentrum und die Strecke dorthin als möglichen Anschlagsort in Betracht gezogen hat. Eine Überprüfung dieser Überlegung durch die Polizei erbrachte die Feststellung, dass es dort keine geeigneten Plätze für einen Anschlag geben würde.

Eine Einschätzung, die lächerlich zu nennen ist, weil das Trainingsgelänge ein sehr großes und zu dem Zeitpunkt ungeschütztes Areal ist. Auch der Weg vom Trainingscenter zum Stadion ist sehr weit. Zudem ist zu bezweifeln, dass die Beamten, die zu diesem Ergebnis gekommen sind, ausgebildete und erfahrende Personenschutzaufklärer sind. Das Polizeipräsidium Dortmund verfügt nicht über solche Einsatzkräfte.

Des Weiteren bespricht die Verteidigung nun den Fakt, dass nur zwei Stifte aus der Sprengladung den Bus getroffen haben,  circa 63 weitere Stifte hätten ihr Ziel also verfehlt.

Wieder einmal wird nach der Logik der Tat gefragt, wenn der Verteidiger die Tat seines Mandanten in Teilen als unlogisch darstellt:„Warum sollte mein Mandant die Internet-Anschrift des Spielerhotels nutzen? Das ist doch unlogisch!“

Verbrechen sind immer unlogisch!

Danach fragt der Verteidiger, warum die mittlere Sprengvorrichtung den Bus nicht getroffen hat. Damit möchte er darauf aufmerksam machen, dass der Täter die Sprengvorrichtungen extra so aufgestellt habe, dass es zu keinen größeren Schaden kommen kann.

Interessant wird es nochmals hinsichtlich des Vortatverhaltens des Angeklagten und wie er sich im Vorfeld über sein Anschlagsziel informiert hat: Per Google habe er nach Angaben zum Mannschaftsbus des BVB gesucht und eine große Menge an Informationen gefunden. Beispielsweise die Buslänge, die  Sitzplatzordnung der Spieler und auch Berichte, wie durch Steine und Flaschen Schäden in den Scheiben des Busses verursacht haben.


Bildmotiv: Angeklagter Sergej W. / Urheber: Stefan Bisanz

BVB-Attentat: Dritter Verhandlungstag | Verteidiger gerät in Rage

Am dritten Verhandlungstag am 22. Januar 2018 sind, anders als zuletzt, nur noch zwei Zuschauer und zehn Journalisten im Raum.

Befragung des BKA-Ermittlers Timo S. durch die Staatsanwaltschaft

Von der Staatsanwältin nach dem Ermittlungsaufwand befragt, antwortet der Zeuge, dass anfangs circa 150 BKA-Beamte plus Beamte der Landespolizeiämter im Einsatz waren, später dann immer weniger. Derzeit seien es etwa zehn Beamte.

Die ersten Einkäufe zum Sprengsatz wurden am 16. November 2016 bei Elektro Conrad beschafft hierbei ging es um eine Schaltstufe eine Antenne.

BVB-Attentat: Dritter Verhandlungstag | Verteidiger gerät in Rage

Eines der Tatmotive sei der Kauf eines Autor und eines Hauses für seine Eltern, seine Freundin und sich.

Der BKA-Ermittler Timo S. habe nur einmal mit dem Angeklagten, in Anwesenheit seiner Eltern und seiner Schwester, gesprochen, in der JVA Stammheim. Ein Geständnis habe es damals nicht gegeben,  weitere Täter konnten auch nicht ermittelt werden.

Nun stellt der Verteidiger Carl Heydenreich Fragen an den Zeugen und will unter anderem erfahren, ob dieser vor Prozessbeginn mit dem Oberstaatsanwaltschaft gesprochen habe. Das bestätigt Timo S. dahingehend, dass man sich ein neues gutes Jahr gewünscht und über die Gerichtstermine gesprochen hätte. Das glaubt der Verteidiger nicht.

Befragung des BKA-Ermittlers Timo S. durch die Verteidigung

Danach berichtet der Rechtsanwalt über seinen Mandanten und dessen psychische Probleme. Er fühle sich minderwertig und habe einen Selbstmordversuch mit einem Gleitschirm unternommen. Er habe kaum Freunde sein Gehalt betrug netto zwischen 2.700 und 3.500 Euro. Davon habe er auch die Kosten seiner Eltern übernommen, zum Beispiel die Miete. Grundsätzlich ist er ein Perfektionist.

Der Rechtsanwalt echauffiert sich

Danach beginnt eine lange Diskussion über das Auffinden und die Flugbahn der Metallbolzen, die wohl nicht in der Kopfstütze des verletzten Spielers Marc Bartra gefunden worden ist, sondern in der am Platz links daneben. Der BKA-Zeuge hatte dies so behauptet, worüber sich Carl Heydenreich sehr aufregt. Er führt mehrere kleine Detailfragen auf, die aber alle nur Stimmung machen und nicht verfahrensrelevant sind.

Hinsichtlich der Anklage des verletzten Motorrad-Polizisten, der als Nebenkläger auftritt, fragt Rechtsanwalt Carl Heydenreich, warum dieser auf Mordversuch klage, denn es habe nicht festgestellt werden können, wo der Polizist zum Spreng-Zeitpunkt war und ob er entsprechend derartig gefährdet gewesen sein können. Daher hält der Verteidiger diese Anklage für nicht gerechtfertigt.

Der Verteidiger findet sodann weitere Ungereimtheiten und fängt an, dem Zeugen zuzusetzen. Und obgleich es tatsächlich Mängel im Bericht des BKA-Beamten gibt und der Zeuge Formulierungsfehler eingesteht,  wird der Verteidiger an anderen Stellen von der beisitzenden Richterin hinsichtlich seiner Äußerungen in Teilen widerlegt und zur Raison gerufen, als er unsachlich wird.

Die Fragetaktik des Verteidigers ist, wie in anderen Prozessen auch,  immer die gleiche: Dem Zeugen werden Fragen gestellt, die er nicht beantworten kann, wodurch er sich nach und nach verunsichern lässt.

Nach weiteren Fragen durch den Oberstaatsanwalt und neuerlichen Aufregern des Verteidigers Carls Heydenreich endet der dritte Verhandlungstag am Nachmittag.


Bildmotiv: Mannschaftshotel des BVB / Bildquelle: Stefan Bisanz

BVB-Attentat: Zweiter Verhandlungstag | Angeklagter entschuldigt sich

Der zweite Verhandlungstag am 8. Januar versammelt 20 Journalisten und zwölf Zuschauer im Verhandlungsraum. Sergej W. wird sich heute zur Tat äußern.

Entschuldigung des Täters

Der Täter persönlich beginnt mit seinem Geständnis und entschuldigt sich. Sein Plan sei gewesen, dass das Champions-League-Spiel durch seinen Anschlag nicht stattfinden kann und dadurch der Kurs der BVB-Aktie sinken sollte. An den zu erwartenden Kursverlusten wollte er partizipieren. Er wollte niemanden verletzen und hat die Bombe auch so gebaut, dass niemand hätte zu Schaden kommen sollen. Die weitere Erklärung zur Anklage wird durch den Rechtsanwalt Carl Heydenreich gegeben.

BVB-Attentat: Zweiter Verhandlungstag | Angeklagter entschuldigt sich

Er erklärt, dass Sergei W., der durch Kredite in Höhe von 40.000 Euro verschuldet sei, keinen Sinn mehr in seinem Leben gesehen habe, auch weil sich kurze Zeit vorher seine Freundin von ihm getrennt habe. Er habe sich außerdem immer um seine Eltern gekümmert.

Vor der Tat hat sein Mandant zweimal im Spielerhotel genächtigt hat, um so die Örtlichkeiten zu erkunden. Außerdem hat er versucht, die Tat dem IS anzulasten.

Die Bombe, die Sergej W. dann verwendete, wurde unter anderem mit einem Gemisch aus Dünger + Nitron in einem in Harz verschlossenen Gefäße gebaut. Auch der Zünder wurde selbst hergestellt. Des Weiteren gab es ein Wasserstoffperoxid-Gemisch. Alle Teile wurden zur besseren Tarnung grün eingefärbt. Die Bomben links und die rechts wurden jeweils im Abschusswinkel von 35 Grad  aufgestellt, die mittlere in einem Abschusswinkel von 70 Grad und in einem Meter Höhe. Der Angeklagte habe vermutet, dass der Bus Sicherheitsglas hat.

Anschließend beklagt sich der Rechtsanwalt darüber, dass immer noch nicht alle Verfahrensakten vorlägen und das Gericht die Staatsanwaltschaft auffordern solle, alles nachzureichen. Der Oberstaatsanwalt erwidert und verwehrt sich gegen die erneuten Vorwürfe der Verteidigung.

Aussage des übergeordneten BKA-Ermittlers

Nach einer kurzen Pause wird der erste Zeuge gehört, Ermittler Timo S. vom BKA aus Berlin. Er ist der übergeordnete Koordinator dieses Falls. Das BKA wurde aufgrund des Verdachtes, dass der IS den Anschlag durchgeführt haben könnte, durch die Generalstaatsanwaltschaft beauftragt.

Der BKA-Beamte teilt mit, dass der Bus zur Anschlagszeit circa 24 km/h gefahren ist, die Buslänge betrug 13,70 Meter. Die Sprengsätze waren auf einer Länge von zehn Metern angebracht. Die beiden äußeren lagen auf dem Boden, der mittlere wurde in einem Meter Höhe befestigt.

Mit der Explosion schlugen etwa zehn Bolzen im Bus ein, weitere in parkenden Autos und im Haus gegenüber. Am weitesten flog ein Bolzen, der in circa 250 Meter Entfernung gefunden wurde. Die Sprengkraft war also enorm und betrug circa 135 Joule. Ab 65 Joule  ist eine Sprengwirkung tödlich.

Am Tatort selbst lagen drei vermeintliche Selbstbezichtigungsschreiben des IS-Kalifen, auf DIN A4-Papier mit Schreibmaschine geschrieben. Ein viertes Schreiben muss auf einer der Bombe gewesen sein, weil Papierfetzen dazu gefunden worden sind.

Weiterhin teilt  der BKA-Beamte mit, dass am angrenzenden Wald eine Brandstelle von einer Größe circa 15 Quadratmetern entdeckt worden ist, wo unter anderem ein Fernglas mit Stativ, Konservendosen, ein Kippschalter, ein Nachtsichtgerät, Drähte für Antennen mit einer Frequenz von 433,92  Hertz weiteres verbrannt worden sind. Hier wurden durch die Beamten außerdem viele Zecken entdeckt. Spuren und DNA wurden an den verbrannten Sachen nicht festgestellt. Mantrailer-Hunde nahmen die Spur von Sergej W. vom Hotel zur Brandstelle auf.

Am Finanzmarkt wurde festgestellt, dass unter anderem 96 Optionsscheine gekauft worden sind. Diese versprachen Gewinne, wenn der Kurs des BVB fällt.

Zum konkreten Tatablauf berichtet er Zeuge zunächst, dass alle Daten zum Tagesablauf der Mannschaft des BVB waren öffentlich bekannt bzw. im Internet einsehbar, zum Beispiel, das Spielerhotel, der Mannschaftsbus und die Wegstrecke vom Hotel zum Spielort.

Der Sergej W. war für die Tage der möglichen Champions-League-Begegnungen Dortmund gegen Monaco im März 2017 im Hotel eingecheckt und hatte diese Buchung im Januar vorausbezahlt. Er äußerte den Wunsch nach einem Zimmer, das nach vorne rausgeht. Bei seiner Arbeitsstelle meldete er sich krank wegen einer Handverletzung, was nötig war, weil zu dieser Zeit eigentlich Urlaubssperre herrschte.

Nach dem Anschlag begab sich Sergej W. ins Hotelrestaurant und hielt sich dort auf. Eine Kellnerin erinnerte sich an „das Jüngelchen“. Alle waren aufgeregt, nur er wollte als einziger darüber sprechen.

Am 12. April, also am Tag nach dem Attentat, hatte eine Sergej W. als einziger im Hotel eine Massage, alle anderen Gästen hatten ihre Massagen abgesagt. Die Masseurin hatte in seinem Oberschenkel eine Zecke festgestellt, ihm das jedoch nicht mitgeteilt und die Zecke im Oberschenkel belassen. Eine weitere Zecke hatte Sergej W. selbst entdeckt und im Spa-Bereich nach einer Pinzette gefragt, um sich die Zecke aus der Schulter zu ziehen. Diese legte er auf ein Tuch und sagte der Angestellten, dass diese verbrannt werden müsste, damit sie auch wirklich tot ist.

Die Festnahme von Sergej W. erfolgte am 15. April als er an seinem Arbeitsplatz aus seinem Auto ausstieg. Man durchsuchte den Wagen, den Arbeitsplatz und die Wohnung. In der Wohnung wurden belastende Unterlagen gefunden, so beispielsweise, welche Möglichkeiten es gibt, Frequenzen zu stören oder Reichweiten festzustellen. Es wurden auch Ausspähungsunterlagen festgestellt und eine Planung befasste sich mit dem Trainingsgelände und dem Trainingszentrum des BVB. Aufgrund der Fundsachen wird angenommen, dass die Durchführung des Anschlags auch durch eine Zündauslösung mittels einer Casio- Uhr durchgeführt werden sollte. Sprengstoff haben Spürhunde im Hotel nicht festgestellt, aber in der Wohnung und im Spind auf der Arbeitsstelle. Auf dem PC des Angeklagten wurden Google-Anfragen zu möglichen Attentatszielen gefunden, auch eine Suche nach einer Seilbahn und dem Eurotunnel wurde festgestellt. Es kamen auch Einkaufslisten zutage, unter anderem über Teile für den Bau eines Auslösers. Der Angeklagte hat ebenfalls 50 Stück 12 Millimeter-Kugeln bei Conrad gekauft und außerdem eine weitere Bestellung über 190 Kugeln aufgegeben. Das fiel deswegen auf, weil das mehr als der gesamte Jahresumsatz für diesen Artikel bei Conrad ist.

Der Zeuge beschließt seine Aussage um 14:45 Uhr, wenig später endet auch der Verhandlungstag.

Bildmotiv: Anklagebank / Bildquelle: Stefan Bisanz

BVB-Attentat: Erster Verhandlungstag | Verlesung der Anklage und Scharmützel der Verteidigung

Der erste Verhandlungstag am 21. Dezember 2017 beginnt um 12:00 Uhr in Anwesenheit von 30 Pressevertretern und 20 Zuschauern.

Der Angeklagte Sergej W. (28) stammt aus Russland, lebt derzeit aber in Deutschland und wird im Prozess von zwei Rechtsanwälten vertreten, eine Dolmetscherin übersetzt für ihn.

Die Staatsanwaltschaft ist durch einen Oberstaatsanwalt und zwei Staatsanwältinnen vertreten, ebenfalls anwesend sind drei Verteidiger der zwei Nebenkläger, zum einen Borussia Dortmund, zum anderen der Motorradpolizist, der bei diesem Attentat durch ein Knalltrauma verletzt worden ist.

BVB-Attentat: Erster Verhandlungstag

Befangenheitsantrag der Verteidigung

Bevor die Verhandlung eröffnet werden kann, wird bereits ein Befangenheitsantrag von Carl Heydenreich, einem der Rechtsanwälte des Angeklagten, gestellt. Er moniert, dass es einen extremen Druck auf die Beteiligten des Prozesses gäbe, da der Prozess in Dortmund stattfindet und alle Einwohner von Dortmund BVB-Fans wären. Außerdem hätten die Medien eine Hetzjagd auf seinen Mandanten durchgeführt. Es habe erhebliche Indiskretionen von den Verfahrensbeteiligten gegeben. Weiterhin hält er den Oberstaatsanwalt für befangen, da dieser bereits in einem Interview eine lebenslängliche Strafe gefordert hat. Weiterhin kritisiert er, dass die Verteidigung keine komplette Akteneinsicht gehabt hätte und auch nur einseitige Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft durchgeführt worden seien. Außerdem argumentiert er, dass die Sprengvorrichtungen nicht zum Töten gedacht gewesen sein sollte. Sein Antrag an das Gericht lautet Ablösung des Oberstaatsanwalts.

Um über den Befangenheitsantrag zu entscheiden, nimmt sich das Gericht eine Besprechungspause. Danach erfolgt die Stellungnahme des Oberstaatsanwalts, in der er im Wesentlichen angibt, dass alle Akten übergeben worden sind und die Zuständigkeit der Weitergabe nicht bei ihm, sondern beim Landgericht läge. Außerdem sei bekannt, dass ein Antrag auf Vollständigkeit der Aktenübergabe in der Strafprozessordnung nicht normiert ist. Entlastendes für den Angeklagten konnte er als Oberstaatsanwalt nicht ermitteln, da nichts vorläge. Abseits dessen sei dies auch Aufgabe des Angeklagten und seiner Verteidigung. Und seine Forderung einer lebenslänglichen Haftstrafe  sei nur eine Wiedergabe des Gesetzestextes.

Die Verteidigung darauf erwidert unter anderem, das die Prüfung von Alternativhypothesen versäumt worden, worauf der Oberstaatsanwalt antwortet, dass man gleich nach dem Attentat von einem Anschlag des IS ausgegangen sei.

Dann verkündet das Gericht seine Entscheidung, dass der Befangenheitsantrag der Verteidigung abgelehnt wird, insbesondere deshalb, weil die beiden Schöffen bestätigt haben, nur die örtliche Presse gelesen, aber keine überregionalen Medien oder Quellen im Internet rezipiert zu haben. Das Gericht wird damit das Verfahren ordnungsgemäß durchführen.

Anklageverlesung

Nun liest der Oberstaatsanwalt die Anklage vor und führt darin aus, dass der Anschlag des mutmaßlichen Täters Sergei W.  am 11. April 2017 um 19:16 Uhr als heimtückisch einzustufen und aus Habgier durchgeführt worden sei. Er habe dazu drei Sprengsätze auf einer Länge von zwölf Metern auf dem Fahrtweg des BVB-Busses vom Hotel zur Straße angebracht. Darin befanden sich 65 Metallbolzen, die eine Größe von 74 x 6 Millimeter und ein Gewicht von 16 Gramm aufwiesen. Die Sprengsätze wurden elektrisch gezündet. Der Bus sollte vorne und hinten getroffen werden sowie in der Mitte. Die Bolzen flogen bei der Explosion bis zu 250 Meter weit. Durch die Explosion wurde der Spieler Marc Bartra von einem Bolzen schwer an der Hand verletzt, außerdem drang dieser Bolzen anschließend in seine Kopfstütze ein.

Der Oberstaatsanwalt nennt als Motiv des Angeklagten, dass dieser sich bereichern wollte, da er vorher auf einen fallenden Aktienkurs des BVB nach dem Anschlag gewettet habe. Er habe circa 26.306,43 Euro eingesetztes Kapital besessen, was bei abfallendem Kurs um nur einen Euro auf eine Summe von 506.000 Euro  gestiegen wäre.

Nach dem Verlesen der Anklage erklärt unter anderem der Nebenklägervertreter von Spieler Marc Bartra, dass dieser mindestens ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000 Euro verlangt. Hiernach ist der heutige Prozess beendet.


Bildquelle: Michael Grabscheit/pixelio.de

Prozess gegen BVB-Attentäter

Am 11. April 2017 explodierten am Mannschaftsbus von Borussia Dortmund (BVB) drei Sprengsätze, die einen Spieler sowie einen Polizisten zum Teil schwer verletzten. Deponiert hatte die Bomben vermutlich der Deutsch-Russe Sergej W. Gegen ihn hat die Staatsanwaltschaft Dortmund daher Anklage wegen Mordversuchs in 28 Fällen, Herbeiführen eines Sprengstoffanschlages sowie gefährlicher Körperverletzung erhoben, der durch das Landgericht Dortmund stattgegeben wurde. Am 21. Dezember beginnt nun die Hauptverhandlung, die ich unter folgenden Aspekten verfolgen werde: Wie hätte der Anschlag verhindert werden können (welche Sicherheitsmaßnahmen wurden im Vorfeld ergriffen)? Welchem Tätertyp entspricht der mutmaßliche Attentäter und wie sah seine Handlungsplanung und -umsetzung aus?

Am 11. April 2017 explodierten am Mannschaftsbus von Borussia Dortmund (BVB) drei Sprengsätze, die einen Spieler sowie einen Polizisten zum Teil schwer verletzten. Deponiert hatte die Bomben vermutlich der Deutsch-Russe Sergej W. Gegen ihn hat die Staatsanwaltschaft Dortmund daher Anklage wegen Mordversuchs in 28 Fällen, Herbeiführen eines Sprengstoffanschlages sowie gefährlicher Körperverletzung erhoben, der durch das Landgericht Dortmund stattgegeben wurde. Am 21. Dezember beginnt nun die Hauptverhandlung, die ich unter folgenden Aspekten verfolgen werde: Wie hätte der Anschlag verhindert werden können (welche Sicherheitsmaßnahmen wurden im Vorfeld ergriffen)? Welchem Tätertyp entspricht der mutmaßliche Attentäter und wie sah seine Handlungsplanung und -umsetzung aus?

Rückblick

Über dieses Verbrechen ist ausführlich berichtet worden, daher sollen im Folgenden nur die für meine Fragestellung wichtigsten Fakten benannt werden, die der Berichterstattung bis heute zu entnehmen sind.

Die Sprengkörper hatte der mutmaßliche Täter in einer Hecke versteckt, neben der der Mannschaftsbus stand. Sergej W., ausgebildeter Elektrotechniker, hat sich zu diesem Zeitpunkt höchstwahrscheinlich am Fenster des gegenüberliegenden Hotels aufgehalten und die Bomben per Fernsteuerung gezündet.

Wie Zeit Online auf Basis von Erkenntnissen des Rechercheverbundes von NDR, WDR und SZ berichtet, soll Sergej W. in der Vorbereitung Notizen angefertigt haben, in denen er Überlegungen zu Funkfrequenzen für die Fernzündung von Sprengsätzen und zur Frage, wie sich der spätere Tatort auskundschaften lasse, angestellt habe. Außerdem soll er an der Börse auf einen Kursrutsch der BVB-Aktie nach dem Anschlag spekuliert haben, wobei er im Falle des Gelingens etwa vier Millionen Euro hätte bekommen können.

Dass sein mutmaßlicher Plan nicht aufging, war verursacht durch einen Fehler: Der Täter hatte die mittlere Bombe zu weit oben angebracht, sodass der größte Teil der Metallbolzen über den Bus hinwegflogen. Nur die wenigsten gerieten in den Businnenraum, richteten dort aber dennoch erheblichen Sach- und Personenschaden an

Abseits des banalen Tatbeweggrundes, sich am geplanten Tod von 28 Menschen finanziell bereichern zu wollen, spricht auch die Kaltschnäuzigkeit für die hohe kriminelle Energie von Sergej W.: Laut einem Bericht von Focus Online aß der mutmaßliche Attentäter in Ruhe Abendbrot und tischte den ihn später festnehmenden Behörden außerdem selbstsicher Lügen bezüglich seines Aufenthalts in Dortmund auf.

Doch gegen ihn sprechen laut Staatsanwaltschaft Dortmund nicht nur seine nachweislich getätigten Börsengeschäfte oder die gefundenen Notizen. In seinem Besitz wurden außerdem Spuren von Wasserstoffperoxid gefunden, das zur Herstellung von Sprengstoff verwendet werden kann. Die Bomben des BVB-Attentates enthielten ebenfalls Wasserstoffperoxid.

Prozessbeginn

Es wird daher nun spannend zu erfahren sein, wie und wie lange der mutmaßliche Täter sein Vorhaben vorbereitet hat, wer eventuell außerdem involviert war, woher er sein Wissen bezog oder, wie er sich Kenntnisse zu den Abläufen bei Borussia Dortmund verschaffen konnte.

Ebenso spannend ist jedoch die Frage, welche Sicherheitsmaßnahmen ein derart in der Öffentlichkeit stehender Verein wie Borussia Dortmund im Vorfeld installiert hat? Immerhin: Seit Jahren schon sind die Gefahren (terroristischer) Anschläge evident und mit dem Team des BVB zerstörte man nicht nur einen extrem hohen finanziellen Wert, sondern richtete vor allem auch einen ungleich höheren ideellen Schaden an. Die unweigerlichen (auch politischen) Folgen wären nicht zu ermessen.

Hat man sich beim BVB auf die Anwesenheit der Polizei verlassen oder hat der eigene Sicherheitsdienst versagt? Falls Letzteres: Wo liegen die Fehlerquellen?

Die Entwicklung des Verfahrens wird hier im Blog genau verfolgt und analysiert.

Quelle: azulgrana.futbolowo.pl/ (gefunden: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Borussia_Dortmund_logo.svg#file)