Waffenspuren deuten stark auf Täterschaft des mutmaßlichen „Masken-Mannes“

Der 22. Verhandlungstag beginnt mit der Hörung des Zeugen Dr. B. Er ist Aufsichtsratsvorsitzender der Investmentfirma von Stefan T. und wird wie jeder andere Zeuge vor ihm belehrt und nach seinen persönlichen Daten wie Alter, Beruf und Wohnanschrift gefragt. Die letzte Frage dient immer der Klärung möglicher Verwandtschaftsverhältnisse mit dem Angeklagten. Der Zeuge Dr. B wendet suchend seinen Blick in den Gerichtssaal, um den Beklagten zu finden.

Mario K. wendet Körper und Blick dem Zeugen zu und meldet sich geradezu. Das ist beachtlich, denn dieses Verhalten zeigte er gegenüber Opfern, die mit dem Täter möglicherweise einen persönlichen Kontakt hatten, nicht.

Waffenspuren deuten stark auf Täterschaft des mutmaßlichen „Masken-Mannes“

Arbeitskollege des Entführungsopfers Stefan T. im Zeugenstand

Der Zeuge kennt Stefan T. seit 1991 und hat mit ihm inzwischen ein gutes Arbeits- und Freundschaftsverhältnis. Er beschreibt die positiven Charaktereigenschaften von Stefan T.

Bei einer Vernehmung am 6. Oktober 2012 durch die Polizei – zu diesem Zeitpunkt war Stefan T. noch entführt – gab der Zeuge an, dass Stefan T. seinem Eindruck nach in den letzten Wochen etwas bedrückt war. Auf die Frage des Gerichts nach einer möglichen Veränderung der Wesenszüge des Stefan T. nach der Entführung, sagte Dr. B., dass dieser sich tatsächlich verändert hat. Seine Offenheit sei zurückgetreten, dafür sei mehr Nachdenklichkeit und Bedrücktheit zu spüren gewesen.

Bei weiteren Fragen der Verteidigung geht es um Geschäftskollegen, um Termineinträge in seinem Kalender, und um das Verhalten in seinem familiären Umfeld.

Sachverständige zur Spurenlage: Patronen und Waffe weisen auf Angeklagten

Nach dieser Zeugenaussage kommen Sachverständige zu Wort. Der erste, Dr. Sven K. (Diplomchemiker), war mit der Untersuchung der Spuren in Bad Saarow betraut und erklärt ausführlich, wie er das Verfahren durchgeführt hat. Der zweite Sachverständige, Dr. Frank B. (Diplombiologe) bewertete ebenfalls Spuren, insbesondere untersuchte er entsprechende Fasern oder auch Haare. Er konnte feststellen, dass die Textilfasern, die an dem beschlagnahmten Kajak festgestellt wurden, mit dem Kaschmirpullover von Stefan T. identisch sind. Sie waren an den Seilen im Bug- und im Heckbereich feststellbar.

Der dritte Sachverständige des heutigen Tages ist Klaus H. vom Bundeskriminalamt aus Wiesbaden. Er ist seit 2005 Sachverständiger für Waffenspuren. In dem verhandelten Fall hat er vier Hülsen sowie Vollmantelgeschosse einer 9 Millimeter Luger untersucht. Im Gutachten stellte er eindeutig fest, dass die vier Hülsen aus den zwei Tatbereichen Bad Saarow und Storkow aus ein und derselben Waffe abgeschossen worden sind. Diese Waffe ist mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit eine Czeska 75. Mit solch einem Waffentyp hat der Beklagte frühere Straftaten begangen und bei seinem Schießsportverein geschossen.

Spurenlage nahezu identisch mit Opfer- und Zeugenaussagen

Nach der Mittagspause werden Videos gezeigt, die Aussagen von Petra P. und Frau E., der Hausangestellten von Petra P., zeigen.

Der Angeklagte schaut sich das Video sehr interessiert an. Sein Verhalten erinnert mich an Menschen, die eine selbstkritische Fehleranalyse durchführen.

Petra P. schaut sich das Video nicht an, sie blickt fortwährend zum Angeklagten. Zu den beiden Videos wird der letzte Zeuge, der Sachverständige Dr. Joachim H. vom Landeskriminalamt aus Eberswalde, gehört. Er sollte Widersprüche herausarbeiten, die zwischen Aussagen und der tatsächlichen Spurenlage aufgekommen sind. Dazu hat Dr. Joachim H. das Geschehen vor Ort in sechs Phasen aufgeteilt:1) Annäherung des Täters, 2) Angriff des Täters, 3) Rangelei mit der Geschädigten, 4) Zurückweichen der Geschädigten, 5) Straucheln und Sturz der Geschädigten sowie des Täters und 6) Flucht der Geschädigten. Er schließt mit der Feststellung, dass es eine weitgehende Übereinstimmung der Aussagen mit der Spurenlage gibt, geringe Abweichungen entsprechen einer tattypischen Wahrnehmungsstörung.

Doch dazu möchte der Verteidiger Axel W. vom Sachverständigen wissen, wie er sich den Zeitunterschied erklärt, den Petra P. als Tatzeit nannte (22:10 Uhr), im Gegensatz zur genannten Tatzeit der Haushälterin Frau E., deren Aussage um fünf Minuten abweicht (22:05 Uhr). Axel W. sieht hierin einen maßgeblichen Widerspruch. Der Sachverständige erklärt dazu, dass sich die beiden Frauen wahrscheinlich in der Ablesezeit etwas geirrt haben. Nachdem schon etliche Fragen gestellt worden sind, zweifelt der Verteidiger Axel W. nach Erhalt dieser Antwort die Sachkunde des Sachverständigen an.

Dies ist das Schicksal vieler Sachverständiger vor Gericht: Gereicht eine Aussage für eine der beiden Parteien zum Nachteil, so wird oft unverzüglich der Sachverständige für inkompetent gehalten.

Bildquelle: Stefan Bisanz

Comments are Disabled