Reker-Prozess: Fünfter Verhandlungstag
Am heutigen 17. Mai 2016 sitzen neben vier Justizbeamten auch acht Journalisten und zwei Zuschauer im Gerichtssaal.
Zu Beginn der Verhandlung betritt der Angeklagte Frank S. den Gerichtssaal und setzt sich erneut demonstrativ drei Plätze von seinen Verteidigern weg – dabei schaut er seine Anwälte regelrecht angewidert an. Als die Vorsitzende Richterin den Saal betritt und diese Situation bemerkt, fordert sie Frank S. auf, sich neben seine Verteidiger zu setzen, worauf er antwortet: „Das sind nicht meine Verteidiger.“ Doch die Richterin setzt sich nach Ermahnung des Beschuldigten durch.
Zeuge Nummer eins
Als erster Zeuge wird heute der Landwirt Matthias Peter K. (38) aus Wesseling gehört. Er betrieb auf dem Markt einen Verkaufsstand, der sich in Blickrichtung auf die Wahlkampfstände der Parteien befand.
Als er lautes Geschrei hörte, habe er sich zu den Wahlkampfständen umgedreht und Henriette Reker am Boden liegen und zwei Männer miteinander ringen sehen. Es seien der Attentäter mit einem Messer in der Hand und TaxiunternehmerMartin B. mit einer flexiblen Kunststoffstange gewesen. Dann habe Frank S. das Messer weggeworfen und nur noch still dagestanden. Anschließend habe Matthias Peter K. gehört, wie der Angeklagte vor sich hin sprach, er hätte das „für die Kinder gemacht“ und „ihr habt keine Ahnung, worauf ihr euch da eingelassen habt“. Den Gesichtsausdruck des Attentäters beschrieb der Zeuge als „Mission erfüllt“. Außerdem ist dem Zeugen während der Rangelei eine Besonderheit aufgefallen: Beim Attentäter hat er ein kleines Messer gesehen.
Zeuge Nummer zwei
Als nächster Zeuge wird nun der ehemalige Polizeibeamte und jetzige Vertriebsmitarbeiter Florian K. (29) gehört. Er hat damals in Marktnähe gewohnt und wollte dort einkaufen.
Das Attentat habe er aus der Entfernung wahrgenommen. Als er den Markt erreicht und sich einen Überblick über die Situation verschafft hatte, habe er den Angeklagten Frank S. vorläufig festgenommen und ihn belehrt. Auch zu ihm habe Frank S. gesagt: „Das habe ich für euch alle getan. Das sind doch alles keine Politiker.“ Als die Polizei eingetroffen war, habe Florian K. den Attentäter an die Beamten übergeben.
Frank S. habe auf ihn ruhig, abgeklärt, berechnend und gefasst gewirkt. Der Täter schien zu wissen, was er tat. Sein Blick sei klar gewesen und habe nicht verrückt gewirkt. Des Weiteren teilt Florian K. eine Aussage vom Hörensagen mit, wonach Frank S. zu einem Polizeikollegen gesagt habe: “Heute Morgen bin ich als freier Mann aufgestanden, heute Abend bin ich als Mörder im Gefängnis.”
Der Generalbundesanwalt fragt noch einmal nach den Sätzen, die Frank S. vor Ort gesagt haben soll, unter anderem die Formulierung „das sind keine Politiker“. Dies wird durch den Zeugen bestätigt.
Die Verteidiger von Frank S. erkundigen sich anschließend nur danach, wo das große Messer gelegen hat.
Zeuge Nummer drei
Als dritter Zeuge des heutigen Tages wird Roland S. (57) aus Köln gehört. Er war für Die Grünen als Wahlkampfhelfer vor Ort. Vom Geschehen selbst hat er nichts gesehen, sondern nur die Unruhe mitbekommen.
Zunächst sei Frank S. mit einem großen Messer in seinem Blickfeld aufgetaucht, da dachte Roland S. noch an einen Scherz. Erst kurz darauf habe er die verletzte Henriette Reker gesehen. Er habe mitbekommen, dass Frank S. das große Messer wegwarf und ein kleines Messer aus der Hosentasche zog.
Aktenlektüre
Nach dieser Zeugenanhörung liest das Gericht einige Akteninhalte vor. Unter anderem die Asservatenliste und Angaben zum Auffindeort der Tatwaffe. Des Weiteren werden etliche Spuren an Spurenträgern, wie zum Beispiel dem Tatmesser, benannt, mit dem Ergebnis, dass dem Bowiemesser sowohl Blut von Henriette Reker als auch von Pascal S. und von Anette v. W. anhaftet. Weiter wird der Durchsuchungsbeschluss zur Privatwohnung von Frank S. und aus einigen Akten aus dem Job-Center vorgelesen.
Da der Angeklagte sich zwischendurch immer wieder ungefragt mündlich meldet, wird er lauthals und deutlich durch die Richterin ermahnt.
Zeugin Nummer vier
Als letzte Zeugin des heutigen Tages wird die Polizeioberkommissarin Katja K. (44) aus Köln vernommen. Sie war mit ihren Kollegen die erste Einsatzkraft vor Ort.
Der Zeuge Matthias B. habe ihr Zeichen gegeben, zum Attentäter Frank S. zu kommen. Dieser sei völlig ruhig gewesen und habe seine Hände in den Taschen gehabt. Er sei gefesselt, zum Streifenwagen geführt und dort belehrt worden. Hier habe er zu ihr gesagt: „Ich habe das für euch und eure Kinder getan. Und mehr sage ich nicht dazu.” Danach sei von ihm die als Frage formulierte Aufforderung gekommen: “Können wir dann jetzt fahren?!” Der Tonfall sei fordernd gewesen.
Fragen an den Angeklagten
Nach der Mittagspause gibt es noch ein paar Fragen der Vorsitzenden Richterin an den Angeklagten. Als Erstes geht es um eine Bestellung im Internet, bei der Aufkleber mit dem Abdruck „Dritter Weg“ bestellt worden sind. Frank S. erläutert dazu, dass er diese Aufkleber im Internet bestellt habe, um Antifa-Wahlplakate zu überkleben.
Weiterhin führt er aus, dass er etwa mit 16 Jahren schleichend in die rechte Szene hineingerutscht sei. Die Gruppenbezeichnung „Berserker“ sei erst aufgekommen, als er circa 20 Jahre alt war. Die Hauptaktion dieser Gruppe sei die Stellung einer Bürgerwehr gegen ausländische Gruppen gewesen, wodurch deutsche Bürger vermeintlich geschützt werden sollten.
Zur Tatmotivation sagt er nochmals, dass er Henriette Reker habe verletzen wollen, um ein Signal zu setzen. Der Stich in den Hals sei nicht explizit beabsichtigt gewesen, ebenso wenig ihr Tod. Auch sei er davon ausgegangen, dass Henriette Reker Leibwächter bei sich haben würde und er hätte erschossen werden können. Warum Blutspuren von mehreren Menschen an seinem Bowiemesser sind, obwohl er nur Henriette Reker attackiert habe, sei ihm nicht erklärlich.
Der Generalbundesanwalt konfrontiert Frank S. nun damit, dass es ja dessen Ziel gewesen sei zu verhindern, dass Henriette Reker Oberbürgermeisterin von Köln wird. Das Ziel habe er allerdings nicht erreicht, denn das wäre nur möglich gewesen, wenn er sie getötet hätte. Hierauf erhält er vom Attentäter allerdings keine entsprechende Antwort.
Der psychologische Sachverständige befragt den Angeklagten zu seiner Gewaltbereitschaft. Dieser sagt deutlich aus, dass er nicht gewalttätig sei, da er ja die letzten 25 Jahre gewaltfrei gelebt habe. Bei dem Anschlag auf Henriette Reker sei das etwas anderes gewesen, da er hier die Anwendung von Gewalt als letztes Mittel gesehen habe. Jetzt wisse er jedoch, dass es das falsche Mittel war. Das Gericht wiederum fragt den Beschuldigten an dieser Stelle, ob es denn auch Alternativen gegeben hätte. Dies verneint Frank S. klar mit „keine“.
Somit endet der fünfte Verhandlungstag gegen Attentäter Frank S. um 15:05 Uhr.
Bildquelle: Rainer Sturm / pixelio.de
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