Reker-Prozess: Achter Verhandlungstag | Frank S. widerspricht und leugnet

Am 10. Juni 2016 sind 14 Journalisten anwesend, ebenso alle Parteien bis auf den psychologischen Gutachter.

Als erste Zeugin wird Dr. Sibylle B., Rechtsmedizinerin der Uniklinik Köln, gehört. Sie war beauftragt, die Verletzungen der Verwundeten des Attentats zu beurteilen. Insbesondere galt es, festzustellen, bei welchem Verletzten welches Messer eingesetzt worden ist.

Frank S. hat von Anfang an behauptet, dass er das große Jagdmesser nur gegen Henriette Reker gerichtet hat. Einige DNA-Spuren am selbigen Messer stammten jedoch von zwei weiteren Verletzten. Bei einer Verletzten ist höchstwahrscheinlich das große Messer eingesetzt worden und nicht das kleine Butterfly-Messer, was insbesondere an der 5 Zentimeter großen Einstichwunde festzustellen war. Lebensgefahr bestand für diese Verletzte nicht. Bei einer weiteren verletzten Frau ließ sich nicht genau feststellen, welches Messer zum Einsatz gekommen ist. Auch hier bestand keine Lebensgefahr, aber sie hatte sehr großes Gück, dass ihr Darm nicht verletzt wurde. Auch im Fall einer dritten verletzten Frau gab es keine lebensgefährlichen Verletzungen, wobei hier ebenfalls jedes der beiden Messer Tatwerkzeug hätte sein können. Der verletzte Pascal S. wurde am rechten Ober- und Unterarm erheblich verletzt, hier ist es sehr wahrscheinlich, dass das große Messer zum Einsatz kam. Er war potentiell lebensbedrohlich verletzt.

Achter Verhandlungstag | Frank S. widerspricht und leugnet

Ebenso ist es auch angesichts ihrer Verletzungen unstrittig, dass Henriette Reker durch das große Messer verletzt worden ist, bei ihr bestand akute Lebensgefahr, da der Stich die Halsschlagader nur um wenige Millimeter verfehlte. Auch hätte jederzeit die Speiseröhre ganz abreißen können, da sie beidseitig durchstoßen wurde. Die Klinge war bis zu zehn Zentimeter tief in ihren Hals gestochen worden, der Stichkanal führte von oben nach unten. Der Stich wurde so wuchtig ausgeführt, dass die Klinge an einem Brustwirbel Wirbelstücke abgesprengt hat.

Dass sein Hieb gegen Henriette Reker von oben nach unten geführt haben muss, wie Dr. Sibylle B. erläutert, bestreitet Frank S. in seiner Stellungnahme. Er beantragt daher, dass ein zweiter Sachverständiger, der nicht aus Köln kommen bzw. dort tätig sein soll, zur Analyse der Verletzungen beauftragt werden soll.

Der Nebenkläger-Vertreter von Henriette Reker wiederum beantragt in Bezug auf die Verletzungen weiterer Personen, die Anklage auf mehrheitliche Tötungsabsicht zu erweitern; ein Ersuchen, das der Generalbundesanwalt ablehnt mit der Erläuterung, dass das Gutachten Bestätigung in den Aussagen der Verletzten und in den DNA-Spuren am großen Messer findet.

Frank S. weist nun nochmals darauf hin, dass es ja auch zwei Zeugen geben soll, die seine Aussage, dass er das Messer unmittelbar nach dem Stich auf Henriette Reker sofort weggeworfen hat, bestätigen können.

Der nächste Zeuge des heutigen Verhandlungstages ist ein Sachverständiger vom Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen für Werkzeugspuren. Er hatte seitens des Gerichts den Auftrag, anhand der Kleidung festzustellen, welches Messer jeweils benutzt worden ist. Er beschreibt nochmals das große Jagdmesser, das 56 Millimeter breit ist und 460 Millimeter lang, wovon 300 Millimeter auf die Klingel entfallen. Das Butterfly-Messer wiederum hatte eine Gesamtlänge von 225 Millimetern und eine Klingenlänge von 85 Millimeter bei einer Breite von 16 Millimetern. Die Ergebnisse des Experten ergeben, dass eine der Verletzten durch das Jagdmesser verletzt worden ist, Pascal S. wiederum durch das Butterfly-Messer zu Schaden gekommen sein könnte, aber auch das große Jagdmesser nicht auszuschließen sei. Er führt weiter aus, dass das Butterfly-Messer weniger scharf ist als das Jagdmesser.

In seiner Stellungnahme zu diesem Thema gibt Frank S. zu bedenken, dass das große Jagdmesser nur ein Deko-Messer sei und völlig stumpf ist.

Als nächste Zeugin wird Stella G. aus Köln gehört, die bei einem Beschäftigungsträger der Stadt Köln als Vermittlerin angestellt ist. Ihre Aufgabe war die Betreuung von Frank S. während seiner Arbeitslosigkeit. Sie musste die Akte Frank S. übernehmen, da Ihre Kollegen Probleme mit ihm hatten. In dieser Phase lehnte Frank S. eine Stelle in einem DRK-Flüchtlingsheim als Hausmeistergehilfe mit dem Verweis auf seine rechtsradikalen Einstellungen ab. Frank S. hatte zudem keine Lust auf weitere Qualifikationen und benahm sich unverschämt. Hierzu gab es ernste Gespräche, die nicht selten mit Aggressivität endeten. Nach einer Drohung („wir sehen uns bestimmt noch mal“) seitens Frank S. hat Stella G. ihn aber nicht mehr wiedergesehen.

Wiederum streitet Frank S. die gesamte Aussage der Zeugin ab.

Nun kommen drei Zeugen, die schon mal gehört worden sind, aber jetzt nochmals aussagen müssen, da der nunmehr alleinige Anwalt von Frank S., Jasper M. bei der ersten Vernehmung dieser drei Zeugen nicht anwesend war. Der Inhalt der Aussagen ist nahezu identisch mit dem ihrer ersten Vernehmung bei Gericht.

Schließlich verliest das Gericht noch die Angaben zum Haftbefehl gegen Frank S., der durch das Amtsgericht Köln ausgestellt wurde. Darin wurden für seine Tat niedrige Beweggründe und Heimtücke festgestellt. Ebenso sei Frank S. dringend tatverdächtig gewesen, Fluchtgefahr habe ebenfalls bestanden.

Bildquelle: Gerhard Frassa / pixelio.de

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