Personenschützer der Thüringer Ministerpräsidentin verursachen Verkehrsunfall auf Autobahn

Was ist passiert?

Am Samstag, den 26. Juli 2014, befuhr die Ministerpräsidentin Christiane Lieberknecht mit ihrer Fahrzeugkolonne die Bundesautobahn 71. Dazu gehörte das Fahrzeug, in dem die Ministerpräsidentin saß – ein sondergeschützter 7er BMW – und ein Begleitfahrzeug, in dem sich Polizeibeamte (Personenschützer) des LKA Thüringen befanden. Das Personenschutzkommando besteht in der Regel aus vier Personenschützern, dessen Kommandoführer auf dem Beifahrersitz im Fahrzeug der Ministerpräsidentin Platz nimmt. Die anderen drei Personenschützer sitzen im Begleitfahrzeug.

Personenschützer der Thüringer Ministerpräsidentin verursachen Verkehrsunfall auf Autobahn

Auf Höhe der Abfahrt Erfurt-Nord scherte urplötzlich ein LKW auf die Fahrspur der Fahrzeugkolonne der Ministerpräsidentin. Dadurch musste der Fahrer des 7er BMW, in dem die Ministerpräsidentin saß, eine sofortige Not- und Gefahrenbremsung einleiten, ein Vorgang der bei Personenschutz- und VIP-Fahrern in speziellen Fahrtrainings geübt wird.

Der Personenschützer und Fahrer des Begleitfahrzeugs konnte jedoch nicht so schnell reagieren und ebenfalls eine Not- und Gefahrenbremsung durchführen, sodass sein Fahrzeug auf das VIP-Kfz auffuhr und einen Unfall verursachte.

Positiv festzustellen ist, dass keiner der Insassen verletzt wurde. Der LKW allerdings, Verursacher der Gefahrenbremsung, ist einfach weitergefahren. Die Polizei hat daraufhin eine Fahndung eingeleitet und versucht, den Fahrer und Halter des LKW festzustellen.

Eklatante Versäumnisse der Beamten

Unabhängig von den taktischen Einsatzgrundsätzen beim fahrenden Personenschutz ist hierbei dringend anzumerken, dass auch Polizeibeamte oder Zivilkraftfahrer der Ministerien sich selbstverständlich ebenfalls an die allgemeinen Verkehrsregeln der Straßenverkehrsordnung (StVO) zu halten haben.

Hier ist natürlich der § 1, die Grundregeln der Straßenverkehrsordnung (StVO), zu nennen. In Absatz 1 heißt es: „Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.“ Absatz 2 besagt: „Jeder Verkehrsteilnehmer hat sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.“ Beides ist dem Fahrer in dieser Situation nicht gelungen, was zum bekannten Verkehrsunfall führte.

§ 3 der StVO wiederum beschäftigt sich mit der Geschwindigkeit und besagt unter Absatz 1 „Der Fahrzeugführer darf nur so schnell fahren, dass er sein Fahrzeug ständig beherrscht. Er hat seine Geschwindigkeit insbesondere den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie seinen persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen.“ Auch dieses wurde nicht erfüllt.

Weiter geht’s in der Straßenverkehrsordnung (StVO) § 4, Thema Abstand. In Absatz 1 heißt es: „Der Abstand von einem vorausfahrenden Fahrzeug muss in der Regel so groß sein, dass auch dann hinter diesem gehalten werden kann, wenn es p l ö t z l i c h gebremst wird.“ Auch das wurde offenbar nicht beherzigt.

Allerdings muss hier auch der § 35 (Sonderrechte) erwähnt werden. Hier steht im Absatz 1, dass von den Vorschriften dieser Verordnung unter anderem die Polizei befreit ist, „soweit das zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist.“

Jedoch: Die Beförderung der zwar gefährdeten Person, Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht, ist jedoch ohne konkrete Gefährdungshinweise keine dringend gebotene Erfüllung hoheitlicher Aufgaben.

Was hat der Personenschützer und Fahrer falsch gemacht?

Grundsätzlich sieht einsatztaktisches Personenschutzfahren oft so aus: Der Abstand zwischen dem Schutzpersonenfahrzeug und dem Begleitfahrzeug, in dem weitere Personenschützer sitzen, ist stets eng. So soll vermieden werden, dass sich ein potentielles Täterfahrzeug dazwischendrängen kann. Da der Abstand nun sehr dicht ist, fahren die Fahrzeuge in der Regel versetzt, so dass der Fahrer des Begleitfahrzeuges am VIP-Fahrzeug vorbeisehen und den davor liegenden Verkehr besser beobachten kann. So wird schnelles Reagieren ermöglicht.

Entsprechend der allgemeinen Auffassung „wer auffährt, hat Schuld“ muss auch in diesem Falle geprüft werden, inwieweit der Fahrer des Begleitfahrzeuges Schuld an diesem Unfall hat.

Des Weiteren würde mich als ö.b.u.v. Sachverständiger für Personenschutz interessieren, in welcher Art und Weise der Fahrer des Begleitfahrzeuges im fachpraktischen und personenschutzeinsatztaktischen Fahren ausgebildet, aber auch weitergebildet wurde. Eine zweimalige Weiterbildung pro Jahr, möglichst einmal im ersten und einmal im zweiten Halbjahr, im einsatztaktischen Personenschutzfahren halte ich für dringend geboten und angemessen.

Außerdem fände ich es spannend, zu erfahren, ob es sich bei dem Fahrer um einen Polizeibeamten des LKA Thüringen oder einen Zivilkraftfahrer des Landeskriminalamtes oder des Landes Thüringen handelte.

Wichtig ist auch die Prüfung, dass alles getan wird, um solche Situationen zukünftig zu vermeiden.

Bildquelle: Rainer Sturm / pixelio.de

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