Frühere Urteile bestätigen: Angeklagter ist kriminell und gewalttätig
Am heutigen Prozesstag, dem 16., merkt man allen Beteiligten an, dass sie die nun folgende Urlaubspause herbeisehnen. Der Richter hatte wohl vorsorglich nur drei Zeugen geladen und nach Anhörung dieser die Verlesung der vorherigen Urteile des Angeklagten anberaumt.
Auch der Verteidiger lässt sich heute durch eine Kollegin vertreten. Von den Nebenklägern ist lediglich Petra P. anwesend. Aber der Reihe nach.
Lügen: Gefängnis statt Griechenland
Zunächst liegen dem Gericht nun die Leistungsakten vom Jobcenter Berlin-Lichtenberg vor. Ordnungsgemäß werden diese an die Prozessbeteiligten übergeben.
Anschließend wird die Antwort auf eine Anfrage an Interpol Griechenland verlesen. Offensichtlich war angefragt worden, ob sich Mario K. an verschiedenen Orten in Griechenland aufgehalten hatte. Die Antwort verneinte dies sehr deutlich. Sowohl bei den benannten Adressen, als auch bei anderen Quellen konnte im Zusammenhang mit Mario K. nichts ermittelt werden.
Nun wird die erste Zeugin gehört. Diese wurde von Mario K. beim Fahrradfahren an einer roten Ampel angesprochen, was im Austausch der Telefonnummern endete. Fünf Tage später rief Mario K. die Dame an, und am selben Tag verabredete man sich auf einen Kaffee. Dieses Kaffeetrinken endete wiederum damit, dass die Dame mit den Worten „Ich geh’ dann mal zum Sport.“ aufbrach, worauf Mario K. erwiderte, er hätte sich den Abend anders vorgestellt.
Das Auftreten der Dame und der „Modus Operandi“ des Ansprechens lässt erneut darauf schließen, dass K. über eine ordentliche Portion Selbstbewusstsein verfügt. Teilweise wirkt das widersprüchlich, wenn man sich seine früheren Taten und deren Begehung vor Augen führt.
Bei der Befragung können keine neuen Erkenntnisse gewonnen werden. Auch dieser Dame hat Mario K. erzählt, dass er fünf Jahre im Ausland gelebt habe, und jetzt wieder zurück sei, weil das Geld knapp geworden wäre. Er habe einen Job als Dachdecker und lebe bei einem Freund, sei aber derzeit auf Wohnungssuche. Die Frau schilderte, dass sie bei der Angabe „fünf Jahre im Ausland“ das Gefühl hatte, Mario K. sei im Gefängnis gewesen. Wie sie zu diesem Gefühl kam, konnte sie nicht beschreiben, es „sei halt ein Gefühl“. Mario K. sagte ihr gegenüber auch, dass er mit einer zweiten Person krumme Sachen gemacht habe, wobei es um eine größere Summe ging. Was genau sagte er nicht.
Die Vertreter von Mario K. fragen nun die Zeugin, wie denn die Polizei auf sie gekommen sei. Die Zeugin gibt an, sie sei von der Polizei angerufen und gefragt worden, ob sie am Wochenende ferngesehen habe (hier wurden wohl Bilder der Festnahme gezeigt). Die Zeugin verneinte. Dann fragte man sie, ob sie einen Mario kenne. Die Zeugin kennt mehrere Marios und konnte die Frage nicht klar beantworten. Nun eröffnete die Polizei, dass die Nummer der Zeugin im Handy des Maskenmannes gefunden worden sei und man sich gerne mit ihr unterhalten würde. Dem willigte die Zeugin ein und erschien auf einem Polizeirevier.
Auch hier darf in Frage gestellt werden, ob die geschilderte Art ein professioneller Ermittlungsansatz ist. Eine Zeugenbefragung sollte immer persönlich geführt werden, und der Zeuge sollte unvoreingenommen in die Vernehmung gehen. Ein derartiges Verhalten am Telefon vor der eigentlichen Vernehmung gefährdet jeglichen Wahrheitsgehalt der Aussage, weil es der Zeugin unmöglich ist, unbefangen in die Vernehmung zu gehen.
Der zweite Zeuge ist ein ehemaliger Arbeitskollege von Mario K. Beide arbeiteten für das gleiche Dachdeckerunternehmen. Auch dem Kollegen hat Mario K. die Geschichte vom Ausland erzählt, hier benannte er aber als konkreten Aufenthaltsort Kreta. Ansonsten sei Mario K. sehr zuverlässig, pünktlich und stets höflich gewesen. Der Zeuge kann sich erinnern, dass Mario K. Knieprobleme hatte und die Firma um entsprechende Knieschoner bat. Solange diese nicht da waren, stopfte er sich Socken in die für Knieschoner eingelassenen Hosentaschen.
Tag der Festnahme
Nach diesen allgemeinen Aussagen geht es um den 17. September 2013, den Tag der Festnahme Mario K.s. Der Zeuge schildert, dass der Tag wie immer begann, was sich änderte, nachdem Mario K. einen Anruf erhalten hatte, dessen Inhalt der Zeuge nicht kennt. Ab diesem Anruf war Mario K. sehr nervös und angespannt. Der Zeuge hatte das Gefühl, Mario K. wolle am liebsten aus dem Auto, in dem beide unterwegs waren, aussteigen. Beide fuhren auf dem Weg nach Hause noch zu einer Tankstelle, um Zigaretten bzw. Tabak zu kaufen. Die Tankstelle hatte den Tabak von Mario K. nicht, woraufhin er wieder hinaus ging. Als der Zeuge nach dem Kauf seiner Zigaretten wieder zum Fahrzeug kam, war Mario K. nicht da. Er kam kurze Zeit später hinter der Waschanlage vor. Was er da gemacht hatte, weiß der Zeuge nicht. Mario K. ließ sich nicht zu Hause absetzen, sondern vor einer Sparkasse. Er müsse noch Geld holen, sagte K. dem Zeugen.
Hier schließt sich nun der dritte Zeuge an, ein Mitarbeiter dieser Sparkasse. Dieser gibt an, dass Mario K. sich bei ihm beschwert hat, da er am Automaten seinen Kontostand nicht sehen konnte und er sein gesamtes Geld abheben wollte. Der Zeuge fragte Mario K., ob er auch die Centbeträge wolle, was dieser verneinte. Also übergab der Zeuge Mario K. eine Karte zur Auszahlung von 160,00 Euro und 8,00 Euro in bar. Der Zeuge bot Mario K. an, mit zum Automaten zu gehen, um das Problem mit dem Kontostand zu prüfen, was Mario K. sinngemäß mit den Worten ablehnte „Das hat eh alles keinen Sinn mehr.“. Der Zeuge erklärt zudem, er habe den Eindruck gehabt, dass Mario K. sich eine andere Bank suchen wollte und brachte den Ausspruch damit in Zusammenhang. Auch auf intensives Befragen der Nebenklägervertreter weicht der Zeuge von diesem Eindruck nicht ab.
Die Nebenkläger hätten hier augenscheinlich gerne die Aussage des Zeugen bekommen, dass Mario K. dies gesagt hat, weil er aufgeflogen ist. Selbst nach mehrfachem Fragen, bei denen sich auch die Vertreter von Mario K. einschalteten (wie oft denn noch!?), war der Zeuge zu keiner anderen Aussage zu bewegen.
Auf Fragen der Verteidigung gibt der Zeuge dann noch an, dass er die Vernehmung der Polizei als sehr lang empfunden habe. Zwei bis zweieinhalb Stunden seien schon viel, schließlich habe er ja nur sechs Minuten mit Mario K. zu tun gehabt.
Kriminelle Vergangenheit: Frühere Gerichtsurteile decken auf
Schließlich werden die Urteile sowie deren Begründungen zu den Straftaten verlesen, wegen denen Mario K. früher verurteilt worden war. Neben Urteilen, bei denen man die Strafe zur Bewährung (vgl. Blogbeitrag vom 15. Juli) ausgesetzt hatte, wird auch die Urteilsbegründung zu der Verurteilung wegen eines Vorfalls in Berlin verlesen. Ein Bekannter Mario K.s hatte im betrunkenen Zustand eine Gruppe Jugendlicher angepöbelt. Es kam zu einem Handgemenge, bei dem Mario K. zunächst versuchte, seinen Bekannten zu beruhigen und wegzuziehen. Als alles vorbei zu sein schien, ließen einige Jungendliche nicht locker und liefen Mario K. und seinem Bekannten nach. Plötzlich zog Mario K. eine Waffe und schoss, gemäß der verlesenen Begründung, sofort vor die Füße der Jugendlichen, wobei mehrere von ihnen durch Querschläger oder Splitter verletzt wurden. Einer der Jugendlichen schlug Mario K. daraufhin mit einer Warnbarke ins Kreuz, woraufhin dieser fiel und die Waffe verlor. Der Jugendliche nahm sie an sich und schoss Mario K. dreimal in die Beine. Das Strafmaß wurde hier auf drei Jahre und neun Monate festgesetzt.
Zu dieser Zeit kann das Selbstbewusstsein von Mario K. noch nicht so groß gewesen sein, wusste er sich doch hier nur mit einer Waffe zu helfen.
Das nächste Urteil war dann heftiger. Es ging in der Sache um Diebstahl und Brandstiftung, und man kann die lange Begründung auf einen kurzen Nenner bringen. Mario K. stahl zunächst ein Boot, anschließend einen Motor und anderes Bootszubehör. Nach der Tat zündete er die Boote, von denen er Gegenstände gestohlen hatte, an.
Interessant ist hier, dass Mario K. bei seiner Festnahme auf einer Insel in der Schmöckwitzer Bucht illegal campierte. Er selbst war mit Flecktarnsachen bekleidet, während Zelte, Generatoren und Batterien entweder durch einen Anstrich oder durch Netze getarnt waren. Das Boot, welches er zuerst gestohlen hatte, war mit dem später gestohlenen Motor ausgestattet und ebenfalls in Tarnfarben angestrichen worden. Darüber hinaus wurden Materialien gefunden, die darauf schließen ließen, dass Mario K. das Boot mit einem (leisen) Elektromotor ausstatten wollte. Eine selbstgebaute, hölzerne Vorrichtung zum Anbringen des Motors war schon vorhanden. Im Ergebnis wurde Mario K. hier für fünf Jahre und drei Monate die Freiheit entzogen.
Da Mario K. während der Haft keinerlei Einsicht gezeigt hatte, wurde die Strafe komplett verbüßt und das Gericht entschied, ihn anschließend unter eine so genannte Führungsaufsicht zu stellen.
Zuletzt wird noch das Urteil zu einer bereits an einem anderen Prozesstag benannten Tat verlesen. Mario K. beleidigte eine ausländische Nachbarin rassistisch und wurde hierfür zu 120 Tagessätzen à 15,00 Euro verurteilt (Blogbeitrag vom 4. Juli).
Weiter geht es am 21. August 2014.
Bildquelle: Stefan Bisanz
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