Einblicke in die polizeiliche Ermittlungsarbeit
Zu Beginn des 20. Verhandlungstages am 1. September wird ein Schlauch (Spur 4.01) in Augenschein genommen, der am Ablageort von Stefan T. gefunden wurde. Mit diesem Schlauch sollte Stefan T. Wasser aus dem See trinken können. Ein Ende befand sich im Wasser, das andere Ende wurde durch eine Verklebung in den Mund des Opfers gesteckt. Alle Beteiligten sind sehr interessiert, sich diesen Schlauch ganz genau anzuschauen.
Weiter gibt das Gericht bekannt, dass die Anzahl der Verhandlungstage erhöht werden müsse, so dass bis einschließlich 18. Dezember 2014 verhandelt werden wird.
Arbeitsweise und -ergebnisse der SOKO Imker
Am heutigen Verhandlungstag können alle neun vorgeladenen Zeugen auch tatsächlich vernommen werden. Der Fragemarathon der beteiligten Parteien bleibt dabei auf einem Normalmaß. Wie bereits am letzten Prozesstag handelt es sich bei den Zeugen ausschließlich um Polizeibeamte der SOKO Imker, die für den Fall des „Maskenmannes“ zuständig war.
Diese nahmen an unterschiedlichen Polizeimaßnahmen teil, unter anderem bei den Opferfamilien, bei der Wohnungsdurchsuchung bei der Schwester des Beschuldigten und in einer ehemaligen WG, in der Mario K. ein Zimmer bewohnte. Bei der Durchsuchung wurden unter anderem Zelte, ein tarnfarbener Schlafsack, ein Fernglas, ein Nachtsichtgerät und auch Stadtpläne entdeckt. Auffällig war außerdem, dass auch Theaterschminke gefunden wurde.
Des Weiteren waren einige der zu hörenden Beamten bei der Rekonstruktionsfahrt mit dem Kajak auf dem See eingesetzt. Hier wurde die Verbringungsstrecke zwischen dem Seegrundstück von Stefan T. und der Ablageinsel nachgefahren. Diese Strecke war 1.630 Meter lang und wurde ohne Belastung in einer Zeit von 16 Minuten zurückgelegt. Unter Belastung – das Opfer wurde nach eigenen Worten mit einer Luftmatratze vom Täter gezogen – dauert die Fahrt 38 Minuten. Diese Zeitangabe musste jedoch hochgerechnet werden, da aufgrund der ungeeigneten Versuchskonstruktion nach 700 Metern die Strecke nicht mehr wie beschrieben zu fahren war.
Auch der Fluchtweg von der ca. 2 qm großen „Opferinsel“ zum Knüppeldamm wurde durch die Beamten in einer Rekonstruktion nachgegangen. Hier wurde das Augenmerk darauf gelegt, ob sich Beamte verletzt hätten oder nicht. Die Verteidigeranwälte behaupten, dass dieser Weg nicht ohne Verletzung oder Schrammen gegangen werden kann. Doch bisher hat sich bei keinem der Rekonstruktionsgänge irgendein Beteiligter verletzt.
Die Staatsanwaltschaft bringt in den Prozess ein, dass die Beamten der SOKO Imker auch in andere Verdachtsrichtungen ermittelt haben. So wurde gegen weitere Verdächtige ermittelt, aber aus unterschiedlichen Gründen (z. B. Alibi) wurden diese wieder eingestellt. Ein Polizeibeamter wurde damit beauftragt, eine Stimmaufzeichnung von Mario K. zu erstellen. Dazu wurde ein Termin des Beschuldigten beim Jobcenter in Berlin-Lichtenfeld genutzt. Später sollte dann die aufgenommene Stimme des Beschuldigten durch das Opfer aus zehn Vergleichsstimmen, die von Polizeibeamten stammten, herausgehört und identifiziert werden. Die Auswahl der Polizeibeamten erfolgte über deren regionale Zugehörigkeit. Der Anwalt Axel W. merkt an, dass die Vergleichsstimmen ausschließlich im Vergleich zu dem damals verdächtigen Mario K. ausgesucht worden sind. Da es aber auch Zeugen gab, die ausgesagt haben, dass der Täter Hochdeutsch spricht, wäre es wohl auch nötig gewesen, im Vergleich Hochdeutsch sprechende Stimme zu hören.
Ein weiterer Beamter beschäftigte sich mit der Zugehörigkeit des Beschuldigten zum Schießverein. Die Unterlagen ergaben, dass er circa 30 Schießtermine mit jeweils 50 oder 100 abgegebenen Schüssen hatte. Die Schießaufsicht vor Ort konnte bezeugen dass Mario K. zwar ein sehr ehrgeiziger, aber kein guter Schütze war. Ob bei den Schießtrainings Munition entwendet wurde, konnte nicht festgestellt werden. In den Zeiten vor den jeweiligen Taten wurde der Beschuldigte nicht beim Schießtraining gesehen.
Auch zur Briefmarke, die auf dem Lösegeldbrief aufgebracht war, wurde durch die Polizei ermittelt. Der Verteidiger Axel W. bringt hierzu ein, dass die Marke „600 Jahre Universität Leipzig“ für 0,55 Euro in zwei Ausführungen hergestellt worden ist: Die zu benetzende Ausführung wurde neun Million Mal hergestellt, die selbstklebende Ausführung über 903 Millionen Mal.
Bildquelle: Rainer Sturm / pixelio.de
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