Auswahlkriterien für einen Personenschützer

Bodyguard-Prozess: Auswahlkriterien für einen Personenschützer

An welchen Auswahlkriterien hätten Verona Pooth und andere Auftraggeber erkennen können, dass der nunmehr verurteilte Totschläger Jens H. als Personenschützer ungeeignet ist?

Um dieser Fragestellung nachzugehen, habe ich an allen acht Verhandlungstagen im Landgericht Düsseldorf am Totschlagsprozess gegen Jens H. als Prozessbeobachter teilgenommen. Nur im Gerichtssaal war es mir möglich, die Kriterien zu eruieren, anhand derer man hätte erkennen können, dass Jens H. nicht geeignet ist, Personenschutzaufgaben professionell wahrzunehmen.

Seine V.I.P.-Schutzperson Verona Pooth hat in Interviews nach Bekanntwerden der Tat einige Aussagen zu Jens H. getätigt: „Er war stets ein sehr freundlicher und zuvorkommender Fahrer und Bodyguard.“ In einem RTL-Interview gestand sie: „Wenn ich ihn heute sehen würde, hätte ich Angst vor ihm. Er kannte mein Leben natürlich sehr gut, aber ich seines weniger. Ich wusste nur, dass er in zweiter Ehe verheiratet ist und zwei Kinder hat, und dass er immer, wenn er im Auto war, ein echter Rheinländer war, mit Humor; das war das Bild, das ich von ihm hatte.“ Diese Aussagen zeigen schon, wie fahrlässig Schutzpersonen in der Auswahl ihrer Personenschützer oder, wie in diesem Falle, ihres Bodyguards sind.

Auswahlkriterien für einen Personenschützer

Folgende Kriterien und deutlichen Warnzeichen habe ich festgestellt:

1. Jens H. kam aus der Türsteherszene und war dort entsprechend bekannt.
2. Er war Bodybuilder mit überproportional dicken Oberarmen, die durch die Einnahme von Anabolika aufgepumpt waren.
3. Seit seinem 18. Lebensjahr war er alkohol- und drogenabhängig.
4. Seit 2012 ist er depressiv und nimmt ständig Medikamente ein.
5. Er war nicht Geschäftsführer seiner eigenen Firma.
6. Er hat mehrere Insolvenzen verursacht.

Folgende Lösungsansätze gibt es:

1. Ein psychologisches Gutachten über den Personenschützer erstellen lassen.
2. Einen Sachverständigen für Personenschutz mit einem Tätigkeits- und Background-Check beauftragen.
3. Nur Personenschützer beauftragen, die auch ein soziales Kontrollumfeld haben, zum Beispiel ein Netzwerk oder Arbeitskollegen in einer Personenschutzfirma. Dies ist bei vielen sogenannten Freelancern oder Einzelunternehmern, wie Jens H. einer war, nicht gegeben.

Im Geschäftsleben kennen wir den Begriff „Auswahlverschulden“. Man spricht vom Auswahlverschulden, wenn ein Auftraggeber einen Auftragnehmer auswählt, der nicht den geforderten Qualifikationen und den gesetzlichen Anforderungen entspricht.

Das Tötungsdelikt von Jens H. war natürlich zu keinem Zeitpunkt vorherzusehen. Dennoch zeigen die oben genannten Punkte, dass Jens H. zumindest sehr labil war und somit nicht wirklich professionell hat handeln können, wenngleich er gegenüber seiner Kundschaft offenbar ein guter Blender war. Man möchte sich nicht vorstellen, wie er gegebenenfalls in Stresssituationen während eines Kundenauftrags reagiert hätte, zu welchem Fehlverhalten es hätte kommen können. Um das zu vermeiden, können die vorgeschlagenen Lösungsmaßnahmen vor der Wahl eines Personenschützers konkret helfen und verlässliche Entscheidungsgrundlagen sein.

Folgende Quintessenz fasst es gut zusammen: Niemals einen Bodyguard engagieren, sondern immer einen professionellen Personenschützer beauftragen.

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