Hohe Medienpräsenz beim Prozessauftakt | Opfer und Zeugin sagt aus

Der Andrang ist enorm: Neben N24, ZDF, BILD und DPA sind am 05. Mai 2014, beim Auftakt des Prozesses gegen den „Maskenmann“ viele weitere Medien vertreten. Die avisierten 28 Plätze für die Presse werden fast vollständig ausgeschöpft.

Der Angeklagte wird von zwei Anwälten und einer Anwaltsgehilfin begleitet. Auf Seiten der Anklage sitzen zwei Vertreter der Staatsanwaltschaft, die drei Opfer und Nebenkläger – Petra P., ihre Tochter Luisa P., und das Entführungsopfer Stefan T. – nebst ihren juristischen Vertretern und einem Gutachter.

Dem Angeklagten werden fünf Taten vorgeworfen: Die erste zum Nachteil von Petra P., drei Taten rund um den Fall Luisa P. und die fünfte zum Nachteil von Stefan T.

Nach Verlesung der Anklage hat der Angeklagte die Möglichkeit, sich zu äußern. Über seinen Anwalt lässt er verlauten: „Ich bin der Falsche, ich habe damit nichts zu tun.“

Nach einigem juristischem Austausch beginnt die Beweisaufnahme um 13:20 Uhr. Gehört wird die erste Zeugin, Frau Petra P.

Hohe Medienpräsenz beim Prozessauftakt | Opfer und Zeugin sagt aus

Der erste Tathergang am 22. August 2011

Richter: Bitte schildern Sie Ihren Tagesablauf am Tattag.

Zeugin Petra P.: Morgens hatte ich einen Handwerker im Haus, wegen des defekten Garagentores. Ich war den ganzen Tag allein mit meiner Haushälterin, Frau E., weil mein Hausmeister, Herr E. (Mann der Haushälterin), im Krankenhaus war. Nach Telefonaten mit einer Freundin und meinen Kindern wollte ich gegen 22:00 Uhr mit den Hunden raus.

Die Hunde rannten nach Öffnen der Tür sofort raus, allerdings in die falsche Richtung. Das Haus war dunkel. Es kann zwar beleuchtet werden, allerdings hatten wir ein Mückenproblem und haben deshalb auf die Fassadenbeleuchtung verzichtet.

Da die Hunde schon den ganzen Abend unruhig waren, dachte ich, die Wildschweine seien da und bin den Hunden hinterher. Plötzlich kam mir der Dackel wieder entgegen und ich dachte, dass ein Wildschwein hinter ihm sei. Da habe ich mich zum Haus umgedreht und bin mitgelaufen. Vor dem erleuchteten Küchenfenster blieb ich stehen und drehte mich um, um zu sehen, was da ist.

Plötzlich sprang der Täter hinter einem Busch hervor und kam in Zickzack-Schritten, tänzelnd wie ein Boxer, auf mich zu und schlug auf mich ein. Er schlug immer wieder mit einem scheinbar dunkelgrünen Schlagstock zu. Diesen habe ich zweimal zu fassen bekommen und ihm fast entrissen. Dabei bin ich ins Straucheln gekommen und gefallen, wobei ich mich am Täter festhielt. Dabei ist mir aufgefallen, wie glatt die Jacke war.

Er trug eine professionelle Sturmhaube, die dünn und sehr eng war. Die Nähte an den Augen und dem Mund waren weiß oder hellbeige abgenäht. Nach dem Fallen hatte ich seine Hand im Gesicht, diese roch nach Leder. Der Täter konnte mich wegen des Blutes nicht fassen und rutschte mit der Hand zum Hals. Ich schrie und konnte mich umdrehen und nach ihm treten, woraufhin er von mir abließ.

Nachdem ich das Blut aus den Augen gewischt hatte, bin ich in Richtung Haustür gekrochen. Der Täter stand an der Säule am Eingang. Zwischen mir und dem Täter waren die Hunde, die den Täter anbellten. Ich hörte die Stimme von Frau E. und antwortete. Frau E. machte die Beleuchtung an, der Täter floh.

Ich gelangte ins Haus, bemerkte aber, dass die Haustür noch offen war. Ich kroch zurück, um diese zu verschließen und hörte, dass Frau E. nicht telefonieren und Hilfe holen konnte. Sie wusste nicht, dass eine Null vorgewählt werden muss. Ich gelangte ins Bad und bin dort zusammengebrochen.

Richter: Gab es vor dem Tattag Auffälligkeiten?

Frau P.: Die Hunde waren schon drei Tage zuvor extrem unruhig, aber ich dachte es wäre wegen des Wildschweins oder des Igels.

Richter: Sind die Hunde abgerichtet, Schutzhunde?

Frau P.: Nein.

Richter: Leben Sie allein da?

Frau P.: Ja, meine Tochter ist nur am Wochenende im Haus.

Richter: War am Tattag etwas Besonderes?

Frau P.: Nur, dass der Handwerker für das Garagentor da war.

Richter: Gibt es Mauern oder Zäune?

Frau P.: Nein, man kann einfach auf das Grundstück.

Richter: Gehen Sie immer um 22:00 Uhr mit den Hunden raus?

Frau P.: Ja, immer um 22:00 Uhr.

Richter: Hat der Täter was gesagt?

Frau P.: „Halt die Schnauze!“, das kann aber auch dem Hund gegolten haben.

Richter: Was hatte der Täter an?

Frau P.: Dunkle Hose, dunkle Schuhe, feine Sturmhaube.

Außerdem beschreibt das Opfer Petra P. den Blick des Täters als voller Hass. Ihr war klar, er wollte sie töten.

Die Augen nahm sie als markant hell wahr, die Augenbrauen als gerade und den Bart um den Mund als rötlich. Auch die Augenbrauen waren nicht dunkel, sondern rotblond eingefärbt – der Angeklagte hat momentan schwarzes Haar.

Auf die Frage des Richters, ob der Angeklagte zu ihren Beobachtungen passe, antwortet Frau P. schnell und klar mit „Ja!“.

Während der Befragung schreibt der Angeklagte mit, schaut aber auch zur Zeugin und scheint unbeeindruckt zu sein.

Anschließend werden noch Fragen zur Einschätzung von Alter, Größe, Dialekt und Geruch gestellt.

Frau P. gibt an, dass der Täter über 170 Zentimeter groß sein müsse, da er ihr auf Augenhöhe gegenüberstand. Sie ist 166 Zentimeter groß, hatte aber Clogs an. Der Täter kam ihr nicht besonders groß vor. Er sprach deutsch, nicht gebrochen und ohne Dialekt. Sie stellte nichts Außergewöhnliches beim Geruch fest, obschon sie da sehr sensibel sei. Das Alter schätzte sie auf 28 bis 40 Jahre. Zur Dauer der Auseinandersetzung befragt, gibt sie drei bis vier Minuten an.

Der Richter fragt die Zeugin, ob sie einen Verdacht hat. Sie gibt an, es gebe einen entlassenen Stallarbeiter, der ein Alkoholproblem hatte.

Nach einer Inaugenscheinnahme der Tatortskizzen und -fotos werden die Verletzungen erörtert.

  • Schwere Platzwunden auf dem Kopf und im Gesicht
  • Gebrochene Nase
  • Einblutung im Glaskörper des Auges
  • Schmerzende Hände
  • Drehschwindel
  • Diverse Narben im Gesicht und auf dem Kopf

Dann fragt der Richter, was anschließend für ihre Sicherheit veranlasst wurde.

Die Zeugin gibt an, dass die Polizei wegen Personalmangels nicht unterstützen konnte und daher ein lokales Sicherheitsunternehmen, THE Security Company GmbH & Co. KG, beauftragt wurde. Der Kontakt kam über den Sohn zustande, nicht über den Mann, der eventuell – wie der Richter anmerkte – das Sicherheitsunternehmen hätte engagieren können, welches auch beim Berliner Europacenter für Sicherheit sorgt.

Während des Krankenhausaufenthalts von Frau P. waren am Tag zwei Mitarbeiter vor Ort, nachts einer. Später wurde das System gewechselt: ein Mitarbeiter am Tag, zwei in der Nacht.

Da es für Frau P. – entgegen der Aussagen der Polizei – keine Hinweise gab, dass der Täter wiederkommt, wollte sie die Maßnahmen reduzieren. Technisch wurden keine Sicherheitsmaßnahmen getroffen.

Zweiter Tatvorgang am 02. Oktober 2011

Anschließend wird Frau P. zur Tat am 02.Oktober 2011 befragt.

An diesem Wochenende war die Tochter da. Frau P. frühstückte, die Tochter brachte den Mitarbeitern der Sicherheitsfirma, Torsten und Matthias H., Frühstück. Bis dahin spielten beide mit dem Hund. Anschließend ging die Tochter mit Torsten H. zu den Pferden. Der Hund war nicht dabei, weil er nach dem Spielen zu erschöpft war.

Frau P. hörte plötzlich Schreie, rannte raus und sah, wie ihre Tochter auf Matthias H. gestützt entgegenkam. Die Tochter rief: „Torsten ist erschossen und ich bin auch getroffen.“ Die Tochter war unverletzt.

Auf die Frage des Richters, ob es im Vorfeld der Tat Auffälligkeiten gegeben habe, antwortet Frau P.: „Nein, das war ein Wochenende wie immer. Der Tagesablauf ist jedes Wochenende gleich.“

Dann fragt der Richter, ob die Tochter immer von nur einem „Personenschützer“ begleitet wurde. Auch das bejahte Frau P. Es sei wie immer gewesen: einer begleitet, einer ist im Haus.

Der Richter will nun wissen, ob die Tochter ihr den Tathergang geschildert hat, was Frau P. abermals bejahte.

Die Tochter und Torsten H. hatten die Pferde auf die Südkoppel bringen wollen. Diese ist am weitesten entfernt. Dabei sei ein Pferd weggelaufen, was der Tochter Sorgen machte, weil sie Torsten H. bei der Rückholung aus den Augen verloren habe. Jedoch seien alle auf der Koppel angekommen.

Auf dem Weg zurück hörten beide ein Geräusch, drehten sich um und sahen den Täter mit gezogener Pistole. Daraufhin ging Torsten H. mit den Worten „Mach keinen Quatsch!“ auf den Täter zu. Dieser erwiderte: „Bleib stehen, oder ich schieß` dir in den Kopf!“, woraufhin Torsten H. die Tochter schreiend zum Wegrennen aufforderte.

Der Täter schoss sofort auf Torsten H. und zweimal auf die Tochter, die er verfehlte.

Die Tochter hatte Pfefferspray dabei, konnte dieses aber in der Aufregung nicht nutzen und verlor es dann. Matthias H. rannte der Tochter entgegen und brachte sie ins Haus.

Damit ist die Befragung durch das Gericht beendet. Die Staatsanwaltschaft stellt nun ihre Fragen. Dabei geht es um die Lichtverhältnisse am 22. August 2011 und um die Beeinträchtigung der Zeugin Petra P. durch ihre Brille.

Die Zeugin gibt an, dass das Licht durch den Mond gut war und es zu keinerlei Einschränkungen gekommen sei.

Danach fragt die Staatsanwaltschaft nach der Befriedung der Immobilie. Die Zeugin gibt an, dass im vorderen Bereich zwar ein Zaun vorhanden sei, dieser aber kein Hindernis darstelle, da er nur 110 Zentimeter hoch sei. Im Bereich des Wassers gebe es nichts, im rückwärtigen Bereich nur einen Schafszaun für die Hunde.

Anschließend erfolgt eine Befragung der Verteidigung, die sich im Wesentlichen um Widersprüche zwischen den heute getätigten Aussagen und den Aussagen in der ersten oder zweiten Vernehmung dreht. Themen sind hier die Anzahl der Schläge, das Alter des Täters, das Gewicht, die Größe sowie die Farbe der Wimpern, des Barts und der Augenbrauen.

Die Befragungen werden am nächsten Prozesstag, dem 8. Mai, fortgeführt. Dabei wird es unter anderem auch um den Tathergang der Entführung von Stefan T. gehen.

Hier im Blog geht es dann am 9. Mai weiter!

Bildquelle: I. Rasche / pixelio.de

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